_ Mein erster Patient aus Guatemala war in gewisser Weise eine Enttäuschung. Er hatte zwar einen tollen Namen, der seine spanischsprachige Herkunft verriet — er hieß ungefähr so wie der Bildungsministers seines Landes, Oscar Hugo López Rivas. Sein Auftreten hingegen war kein bisschen exotisch, und sein Deutsch war perfekt.

„Dann ist Ihre Mutter wohl Deutsche?“, kombinierte ich messerscharf. Der Patient verneinte das. „Ich habe eine deutsche Schule in Guatemala besucht“, erzählte er. „Meine Eltern hielten die einfach für die beste.“ Ich fragte den Mittelamerikaner, welche Literatur er dort gelesen habe, woraufhin er sämtliche Klassiker herunterspulte. „Auch Goethe?“, fragte ich. „Auch Goethe“, sagte er. „Faust.“

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Als ich ihn nach guatemaltekischen Besonderheiten fragte, kam er schnell auf die Kultur der Maya zu sprechen. Scherzhaft meinte er, dass ich wohl immerhin das gelb-schwarz gestreifte Insekt des gleichen Namens kannte, jenes, das vor gar nicht allzu langer Zeit in einem unbekannten Land lebte.

Nun, er konnte von Glück reden, dass das zutraf. Denn sein Problem, eine schmerzhafte Hautveränderung an ungünstiger Stelle, identifizierte ich im Handumdrehen als Bienenstich.