figure 1

© jauhari1 / Getty Images / iStock

_ Wir alle kennen das: Es gibt Nachrichten, mit denen wir es so halten möchten wie Queen Victoria, die übrigens erstaunlicherweise sehr alt wurde, obwohl ihr die Segnungen der modernen Kardiologie noch nicht zur Verfügung standen. Als besagte Königin mit der Evolutionstheorie von Charles Darwin bzw. mit der wissenschaftlich gesicherten These konfrontiert wurde, dass der Mensch vom Affen abstammt, soll sie dies mit einem Blick gen Himmel seufzend so kommentiert haben: „Dann wollen wir zunächst einmal hoffen, dass es nicht stimmt, und wenn es doch stimmen sollte, so wollen wir alles dafür tun, dass es niemand erfährt.“

Eine vergleichbare Gemütsbewegung durchlief die versammelte Kardiologenschaft, als sie kürzlich auf dem großen Jahreskongress der American Heart Association mit den Ergebnissen der ORBITA-Studie konfrontiert wurde. Diese Studie war als Geburtstagsgeschenk geplant; denn exakt vor 40 Jahren wurde die Ballondilatation aus der Taufe erhoben. Doch das ging ganz schön in die Hose! Eigentlich möchte keiner über diese Studie reden. Und Herr Grüntzig, der Vater der Ballondilatation, dürfte sich im Grab umdrehen.

Doch worum ging es in dieser brisanten Studie, die übrigens hochrangig im Lancet publiziert wurde? Irgendein englischer Kardiologe hatte sich doch tatsächlich erdreistet, die PCI (perkutane koronare Intervention) bei stabilen KHK-Patienten mit einer Scheinprozedur zu vergleichen. Und — man mag es kaum aussprechen — im Hinblick auf die Symptomminderung ergab sich kein Unterschied. Provokativ könnte man sagen: Die Herzkatheter-Therapie ist bei stabiler KHK nicht wirksamer als Placebo!

Diese Studie kratzt gewaltig am Selbstwertgefühl der interventionell tätigen Kardiologen. Tag für Tag rackern sie sich im Katheterlabor ab und attackieren jede Stenose in der festen Überzeugung, etwas Gutes zu tun. Und jetzt das! Da bleibt zunächst nur das viktorianische Stoßgebet. Doch arbeitslos werden sie ja nicht; denn auch ein Scheineingriff ist ein Eingriff, und den muss ja auch irgendjemand durchführen.