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© Netzwerk gegen Darmkrebs e.V.

Die „Vision Zero“, also das Ziel, das kolorektale Karzinom auf Sicht von 20–30 Jahren auszurotten, mag ambitioniert sein, doch zeigte sich Prof. Dr. Christof von Kalle, Heidelberg, zuversichtlich, dass sich die Zahl der Darmkrebstoten durch Präventionsmaßnahmen deutlich reduzieren lässt. Angelehnt an die Vorsorgerealität in den Niederlanden plädierte er für ein personalisiertes Vorsorgeprogramm. Dabei könnte jeder für ein Screening in Frage kommende Deutsche per Post einen fäkal immunchemischen Test (FIT) zusammen mit einem vorfrankierten Umschlag für das Labor erhalten. Unser Nachbarland habe durch ein solches Programm die beachtliche Teilnahmerate von 70% erzielt, so von Kalle, der Direktor am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT)und Leiter der Abteilung Translationale Onkologie im Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist.

An neuen Testverfahren wird geforscht

Mit dem immunologischen Stuhltest (iFOBT, immuno-based fecal occult blood testing), der seit 1. April auch für die gesetzlich Versicherten Kassenleistung ist, steht für die Detektion des kolorektalen Karzinoms bereits heute ein Testverfahren mit einer hohen Sensitivität und Spezifität zur Verfügung.

Da der Stuhltest aber verhältnismäßig aufwendig ist und manch einer die Koloskopie als zu invasiv ablehnt, wird intensiv an weiteren Verfahren zur Früherkennung geforscht. Im Mittelpunkt stehen Tests, die krebsspezifische Marker im Blut oder die Erbsubstanz von Tumorzellen im Stuhl aufdecken. Auch ein Atemtest befindet sich in der Entwicklung, der Substanzen nachweisen kann, die vom Tumor ins Blut abgegeben und dann abgeatmet werden. Alle Forschungsbemühungen haben als gemeinsames Ziel, die Hemmschwelle für einen ersten Test möglichst niedrig zu gestalten.

Noch unterschätzt: Familiäres und hereditäres Darmkrebsrisiko

Die Zahl der an Darmkrebs Erkrankten, die noch keine 50 Jahre alt sind und somit von keinem Vorsorgeprogramm für Menschen mit normalem Risiko profitieren könnten, wächst dramatisch. Als Ursache werden Lebensstilfaktoren wie Ernährung (zu viel rotes Fleisch), Bewegungsmangel und Übergewicht, aber auch genetische Risikofaktoren diskutiert. Dr. Christa Maar, Präsidentin des Netzwerk gegen Darmkrebs e.V. und geschäftsführender Vorstand der Felix Burda Stiftung, bemängelte, dass es in Deutschland für Personen mit familiär erhöhtem Darmkrebsrisiko keine entsprechenden Vorsorgekonzepte gebe. Menschen mit positiver Familienanamnese haben gegenüber der Allgemeinbevölkerung ein deutlich erhöhtes Risiko, selbst an Darmkrebs zu erkranken. Bei positiver Familienanamnese kann durch einen genetischen Test ermittelt werden, wer Risikoträger ist. Für die Betroffenen ist es ratsam, sich bereits ab dem Alter von 25 Jahren regelmäßig einer Koloskopie zu unterziehen.

Hausärzte können familiäres Darmkrebsrisiko abklären

Beim Screening auf ein familiäres Darmkrebsrisiko kommt den Hausärzten eine tragende Rolle zu. Einer hessischen Studie zufolge müssten Hausärzte nur 14 Praxisbesucher zwischen 40 und 54 Jahren befragen, um eine Person mit familiär erhöhtem Risiko zu identifizieren [1]. Grundlage der Studie war ein Interviewbogen mit vier Fragen, den das Netzwerk gegen Darmkrebs e.V. erstellt hat (www.felix-burda-stiftung.de/service-tools/fuer-aerzte).

Ab Oktober 2017 startet in Bayern das Projekt „FARKOR — Vorsorge bei familiärem Risiko für das kolorektale Karzinom“. Unter Federführung der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns ist es das erste flächendeckende Modellprojekt zur Erforschung der Vorsorge bei dieser Risikogruppe. Weitere Partner des Projektes sind die Universität München und die Felix Burda Stiftung.