_ Was können eigentlich die Ärzte vor Ort gegen die gefürchteten Antibiotikaresistenzen tun? Die 45 Mitglieder des Praxisnetzes Plön (PNP) haben den Kampf aufgenommen, da Resistenzen bei ihren Patienten inzwischen an der Tagesordnung sind. Für die Mediziner war es Zeit zu handeln.

Das Praxisnetz ging an die Öffentlichkeit, um die Menschen vor Ort auf das Problem und mögliche Konsequenzen aufmerksam zu machen. Alle Praxen erhielten eine Übersicht zur kalkulierten Antibiotikatherapie. Diese Fibel wurde von einer Arbeitsgruppe des PNP erarbeitet. Als Basis diente eine vergleichbare Übersicht des Nachbarnetzes in Ostholstein, die allerdings an die regionalen Bedürfnisse im Kreis Plön angepasst werden musste.

Es geht nicht um Kosten

Eine reine Übertragung der Inhalte aus dem benachbarten Netz hätte nach Angaben der Ärzte keinen Sinn ergeben, weil die Bedingungen von Region zu Region sehr unterschiedlich sind. So gibt es z. B. im Nachbarkreis eine Vielzahl von Rehakliniken mit völlig anderer Patientenstruktur als in Plön. Möglich wurde der Einsatz der Ärzte durch die Netzförderung der KV Schleswig-Holstein.

„Dabei geht es nicht darum, Kosten zu sparen, sondern um einen gezielteren Einsatz von Antibiotika“, sagte der stellvertretende Netzvorsitzende Dr. Thomas Quack. Für Infektionen der oberen Atemwege, Harnwegsinfekte, Otitis externa und Wunden hat die Arbeitsgruppe allgemeine Behandlungsgrundsätze, häufig gefundene Keime in der Region und Therapieoptionen der ersten und zweiten Wahl aufgelistet. Mit der Fibel hofft das Netz, die Resistenzentwicklung in der Region zu bremsen, den Wirkungsverlust verschiedener Antibiotika aufzuhalten und die Ansprechrate der Therapie zu erhöhen.

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Bei Halsschmerzen fordern viele Patienten sofort ein Antibiotikum.

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Neben dieser Übersicht setzen die Ärzte auf eine enge Zusammenarbeit mit dem örtlichen Labor, das umfassende Analysen zum Krankheitsgeschehen im Kreis liefert. Das geht nur, weil ein hoher Anteil der Praxen mit diesem Labor zusammenarbeitet. Nun erhalten die Ärzte regelmäßig Statistiken, bei Bedarf gibt es auch Sonderanalysen. So können die Ärzte beraten, mit welchen Maßnahmen sie auf das regionale Keimgeschehen in ihrer Region reagieren wollen. „Bei Fragen haben wir jederzeit einen Ansprechpartner“ betonte der Netzvorsitzende, der Hausarzt Dr. Joachim Pohl.

Jetzt sind Politik und Krankenkassen gefordert

Unabdingbar erscheint den Ärzten indes eine bundesweite Aufklärungskampagne von Politik und Krankenkassen. Laborärztin Dr. Annegret Krenz-Weinreich verweist in diesem Zusammenhang auf Frankreich, wo entsprechende TV-Spots zur besten Sendezeit liefen. Sie wünscht sich für den ambulanten Bereich außerdem ein freiwilliges Antibiotika-Stewardship, das Praxen eine engere Begleitung zu diesem Thema ermöglichen würde.

„Der Wunsch der Patienten nach Antibiotika ist ungebrochen“, berichtet Hausarzt-Internist Dr. Gerold Menne. Längst nicht immer sei dies gerechtfertigt — doch nicht jeder Patient lasse sich überzeugen. Die Plöner Ärzte räumen ein, dass sowohl Patienten als auch Ärzte sich ihrer Verantwortung stärker bewusst werden müssen.