_ Einkaufen im engeren Einzugsbereich meiner Praxis kann schon mal zum Spießrutenlauf werden, entweder für mich oder die Patienten. Wenn in der Süßigkeitenabteilung des Supermarkts die schlecht eingestellte Diabetikerin schuldbewusst den glukoselastigen Einkaufskorb hinter den Rücken hält oder der am Vormittag gastroenteritisch ach so leidende junge Mann am Metzgertresen die Leberkässemmel freudig entgegennimmt und bei meinem Anblick erblasst, dann sitze ich psychologisch gesehen am längeren Hebel.

Wenn andererseits in der Kassenschlange in der Drogerie die Argusaugen der Patienten meine Einkäufe scannen, lege ich bestimmte Waren insbesondere aus dem Bereich der Körperhygiene nicht so gerne auf das Band.

Und wenn dann auch noch jemand ungefragt eine öffentliche Sprechstunde erzwingt, nicht nur „zur Unzeit“, sondern auch „am Unort“, so kann meine Toleranz samt Höflichkeit auch mal auf Tauchstation gehen.

Da stand ich im italienischen Delikatessengeschäft vor der Auslage mit den teuren luftgetrockneten Schinkenspezialitäten und der unglaublichen Variation von leckeren Antipasti und stellte mit geschlossenen Augen gerade die Auswahl für die Einladung am Abend zusammen, als sich eine geradezu euphorische Stimme den Weg in mein Hirn bohrt: „Ach, Frau Doktor, sie wollen doch sicher wissen, wie es mir bei der Koloskopie ergangen ist!“

Der folgende detailreiche verbale Erguss über Abführmaßnahmen und sonstige Verdauungsprobleme verdarb mir schlagartig den Appetit. Mit einem entnervten „Vielen Dank auch!“ verließ ich grußlos den Laden. Später am Abend fand ich dann weit, weit weg von meiner Praxis noch ein patientenfreies Geschäft.