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Internet-Experte Sascha Lobo im Mai 2017 vor dem Ärzteparlament.

© Roger Köppe

_ Sascha Lobos Vortrag auf dem Deutschen Ärztetag hat mich an eine kleine Geschichte aus meinem Landarztleben erinnert. Anfang 1980, als es noch richtig starke Winter gab und wir rund um die Uhr Dienst taten, verließ ich an einem Freitagabend um 19.30 Uhr meine Praxis, um mit Freunden in einer Gaststätte Skat zu spielen.

Leider wurde ich bereits eine Stunde später von meiner Frau angerufen: Ich möchte schnell zu einem Notfall in unserem kleinen Städtchen kommen. Es hatte angefangen, stark zu schneien, und ein Patient Anfang 70 — für mich damals ein alter Mann — hatte versucht, den Bürgersteig mit einem Schneeschieber vom Schnee zu befreien. Dabei war er umgefallen.

Ich fuhr also schnellstens zu dem etwa einen Kilometer entfernten Ort, fand dort den Patienten am Boden liegend mit den typischen Anzeichen eines Herzinfarktes. Ein EKG bestätigte diesen Verdacht. Einen Notarzt oder einen Rettungswagen gab es natürlich in unserem kleinen Städtchen noch nicht. Es wurde also ein Krankenwagen aus einer etwas größeren Stadt gerufen, der nach 15 Minuten eintraf.

Der Fahrer hatte einen sogenannten Hilfssanitäter dabei, einen Kriegsdienstverweigerer, der Ersatzdienst in der Sanitätshilfe ableistete. Dieser junge Mann hatte einen rot gefärbten Irokesenschnitt — genau wie heute Lobo.

Als junger, kräftiger Doktor trug ich den Verletzten mit dem Hilfssanitäter in den Krankenwagen. Da schlug der Patient plötzlich die Augen auf, sah den Mann mit dem roten Iro, sprach, ich schwör’s!, nur einen Satz: „Oh der Deibel!“ — und verstarb.

Dass ein Experte heute ähnlich aufgemacht auf dem Ärztetag spricht, zeigt mir, wie positiv sich Gesellschaft und Versorgungssystem in den letzten Jahrzehnten verändert haben.