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Was ist dran an den elektrisierenden Pressemeldungen über die „Heilung von HIV“? Der HIV-Experte Dr. Christian Hoffmann hat von der diesjährigen CROI (Conference on Retroviruses and Opportunistic Infections) einige ernüchternde Botschaften mitgebracht.
MMW: Letztes Jahr gab es äußerst vielversprechende Meldungen über eine mögliche Heilung von HIV. Wie weit ist man hier tatsächlich?
Hoffmann: Auf der diesjährigen CROI war die Stimmung eher zurückhaltend. Eine ganze Reihe von Beiträgen hat gezeigt, dass wir immer noch nicht wissen, wie wir die latent infizierten Zellen aktivieren und attackieren können. Die Krankengeschichte von Timothy Brown, dem bislang einzigen Patienten, der mit einer Stammzelltransplantation geheilt wurde, ist ja nie reproduziert worden.
„HIV-Patienten wollen geheilt werden, weil sie nach wie vor stigmatisiert, kriminalisiert, diskriminiert werden!“
MMW: Ab wann würde man einen HIV-Patienten als geheilt gelten lassen?
Hoffmann: Wenn ein Patient weitgehend ohne Therapie über Jahre gut leben kann, ohne dass sich sein Immunsystem oder sein klinischer Zustand verschlechtert, ist man von der Heilung nicht mehr so weit weg. Ich würde zum Beispiel von einer Heilung sprechen, wenn ein Patient nur alle zwei oder drei Jahre eine therapeutische Impfung und ansonsten keine Therapie mehr bräuchte. Eine solche funktionelle Heilung ist realistischer als eine Eradikation. Die meisten HIV-Patienten nehmen heute nur eine einzige gut verträgliche Pille pro Tag ein. Trotzdem fragen viele nach Heilung oder nach der „Genschere“. Sie wollen geheilt werden, weil sie nach wie vor stigmatisiert, diskriminiert und kriminalisiert werden! Ich würde mich heute schwer tun, einen Patienten in eine riskante Therapiestudie einzubringen, obwohl ich weiß, dass er mit nur einer Tablette pro Tag über Jahrzehnte gut leben kann.
MMW: Sind das Genome Editing (die „Genschere“) oder bestimmte monoklonale Antikörper keine Kandidaten für eine Eradikation?
Hoffmann: Die bisherigen Möglichkeiten reichen ganz sicher nicht. Bei den monoklonalen Antikörpern gibt es zwar ein paar interessante Entwicklungen, aber man ist weit davon entfernt, von einer Eradikation reden zu können. Ich bleibe dabei: Eine Eradikation des HI-Virus wird es in den nächsten fünf Jahren definitiv nicht geben. Vielleicht wird es sie auch nie geben. Auf der CROI wurde eine Arbeit vorgestellt, in der man Patienten autoptisch untersucht hat, die mit der Viruslast unter der Nachweisgrenze lagen und aus anderen Gründen gestorben sind. Bei 70% fand man HIV-DNA im Gehirn. Wie soll man diese Viren je eradizieren? Wir sollten uns fragen, ob es wirklich so wichtig ist, auch die letzten Viren aus dem Körper zu bekommen. Eine funktionelle Heilung reicht doch! Bei Windpocken spricht man doch auch von Heilung, obwohl die Viren lebenslang im Rückenmark persistieren.
Interview: Dr. Elke Oberhofer
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Springer Medizin. „Die HIV-Eradikation wird es in absehbarer Zeit nicht geben!“. MMW - Fortschritte der Medizin 159 (Suppl 2), 13 (2017). https://doi.org/10.1007/s15006-017-9729-8
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