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Prof. Dr. med. H. S. Füeßl Privatpraxis für Integrative Innere Medizin, München

_ Zwischen Januar 2011 und September 2012 registrierte das Hamburger Institut für Tropenmedizin für eine prospektive Kohortenstudie alle Personen, die sich vor einer Tropenreise impfen ließen. Im Warteraum wurden sie zu gastrointestinalen Symptomen entsprechend den Rom-III-Kriterien befragt. Eine Woche sowie sieben Monate nach der Reise sollten die Teilnehmer dann am Computer einen Fragebogen ausfüllen und per E-Mail zurückschicken.

Von 1.964 registrierten Reisenden antworteten 1.464 direkt nach Rückkehr, 1.190 füllten den Fragebogen auch sieben Monate später aus. Das mittlere Alter lag bei 39,9 ± 15,7 Jahren, der Frauenanteil bei 53%. Die durchschnittliche Reisedauer betrug 40,8 Tage. 43,3% der Teilnehmer litten während der Reise mindestens einmal unter mäßigen Symptomen einer Diarrhö.

Die Inzidenz eines neu aufgetretenen Reizdarmsyndroms (RDS) nach den Rom-III-Kriterien betrug sieben Monate nach der Reise 7,2%. Eine multivariate Analyse ergab, dass biologische Faktoren wie weibliches Geschlecht, vorbestehende Diarrhö-Neigung und eine gastrointestinale Infektion während der Reise das Risiko für das Auftreten eines RDS jeweils verdoppelten. Unter den psychologischen Faktoren spielte Ängstlichkeit gegenüber körperlichen Symptomen die größte Rolle, während Neurotizismus oder Depression keinen Beitrag zum prädiktiven Wert leisteten.

KOMMENTAR

Das Studiendesign schließt Aussagen über die biologischen Pathomechanismen aus. Allerdings stützt der Einfluss einer durchgemachten gastrointestinalen Infektion die Hypothese, dass dem RDS Veränderungen der Immunantwort der Mukosa, des Darmmikrobioms oder des enterischen Nervensystems zugrunde liegen könnten.

Bemerkenswert ist die RDS-Inzidenz von 7% in der Studie. Tropenreisen an sich müssen offenbar als wesentlicher Risikofaktor für diese Erkrankung angesehen werden. Als Botschaft sollte man sich in jedem Fall behalten: Unabhängig von allen anderen Risikofaktoren wird das Risiko für ein RDS durch gastrointestinale Infektionen verdoppelt.