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Prof. Dr. med. H. S. Füeßl Privatpraxis für Integrative Innere Medizin, München

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Vorsicht bei Handynutzung im Dämmerlicht!

© Geber86 / Getty Images / iStock

_ Eine 58-jährige Frau berichtete über zwei Episoden eines kurzen, schmerzlosen Visusverlusts am rechten Auge. Sie war jeweils am frühen Morgen aufgewacht und hatte 10–15 Minuten lang auf ihr Smartphone geschaut, während sie noch im Bett auf der linken Seite lag. Das Sonnenlicht wurde in dieser Zeit zunehmend heller. Direkt nach dem Aufstehen wurde das rechte Auge dann für 10–15 Sekunden schwarz. Der normale Visus kehrte binnen einer Minute zurück. Begleitende orthostatische oder neurologische Symptome traten nicht auf.

Die Anamnese bezüglich Migräne, Augenerkrankungen oder zerebrovaskulären Risikofaktoren war unauffällig, ebenso wie Abklärungen beim Neurologen und beim Kardiologen. Allerdings wollte der Neurologe eine beginnende multiple Sklerose (MS) nicht ausschließen. So ordnete er eine Hirn-MRT an, bei der auch tatsächlich beidseits White Matter Lesions festgestellt wurden.

Daraufhin wurden eine MRT von Halswirbelsäule und Thorax, visuell evozierte Potenziale, eine Liquoruntersuchung sowie Laboruntersuchungen auf metabolische, infektiöse und entzündliche Erkrankungen veranlasst. Sie fielen aber sämtlich normal aus.

Der Neurologe stellte dennoch die Verdachtsdiagnose einer beginnenden MS und empfahl eine krankheitsmodifizierende Therapie. Ein Verlaufs-MRT sechs Monate später war unverändert. Selbst eine MRT-Angiografie der hirnversorgenden Gefäße wurde mit unauffälligem Ergebnis durchgeführt.

Schließlich entschloss man sich doch zur Diagnose einer transienten Smartphone-Blindheit (TSB). Dieses physiologische Phänomen entsteht typischerweise, wenn nur ein Auge auf den Schirm eines elektronischen Geräts schaut und das andere dunkeladaptiert — etwa weil es durch das Liegen auf dem Kopfkissen zugehalten wird. Werden dann beide Augen plötzlich normalem Licht ausgesetzt, empfindet das dunkeladaptierte Auge normalen Visus, während auf dem lichtadaptierten eine temporäre Blindheit entsteht.

KOMMENTAR

Hätte man die Anamnese sorgfältig erhoben, so wäre der Frau die unangenehme und riskante Untersuchungskaskade erspart worden. Kein Ruhmesblatt.