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Herz-gesunder Lebensstil.

© USO / Getty Images / iStock

_ Der Stamm der Tsimane lebt in einem abgeschiedenen Teil des Regenwalds im Amazonas-Becken in Bolivien. Es handelt sich um etwa 16.000 Menschen mit vorindustriellem Lebensstil, geprägt durch Jagd, Fischfang, Landwirtschaft und Sammlertätigkeit.

Der Stamm wird von Anthropologen und Gesundheitswissenschaftlern schon länger in einem Forschungsprojekt begleitet, das eruieren will, welche Lebensstilfaktoren wie stark zu welchen Erkrankungen beitragen. In diesem Rahmen wurden jetzt bei 705 Erwachsenen im geschätzten Alter zwischen 40 und 90 Jahren koronare Kalk-Score-Messungen vorgenommen und zahlreiche andere Risikofaktoren evaluiert.

Beeindruckende Ergebnisse der Kalk-Score-Messung

Die Ergebnisse, die die Wissenschaftler bei der diesjährigen Jahrestagung des American College of Cardiology (ACC) in Washington vorstellten und parallel in „The Lancet“ veröffentlichten, sind recht beeindruckend.

Bei 85% der Studienteilnehmer fanden sich, basierend allein auf der Kalk-Score-Messung, keinerlei Hinweise für ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko, und bei weiteren 13% war das Risiko niedrig. Selbst bei Probanden im Alter über 75 Jahren hatten 65% überhaupt keinen Hinweis auf ein erhöhtes koronares Risiko, und nur 8% hatten Kalk-Score-basiert ein moderates oder hohes Risiko.

Das ganze Ausmaß dieses Befundes wird erst klar, wenn man ihn mit Kalk-Score-Kohorten in Industrienationen vergleicht. Die Autoren zitieren eine bevölkerungsbasierte US-Kohorte von Erwachsenen zwischen 45 und 84 Jahren, in der jeder zweite ein moderates oder hohes Risiko hatte. Lediglich 15% hatten rein Kalk-score-basiert gar kein erhöhtes Risiko.

Entscheidend ist wohl der Lebensstil

Die Wissenschaftler führen das gute Abschneiden der Tsimane im Wesentlichen auf den Lebensstil zurück. So sind die Menschen dieses Stamms nur etwa 10% der Zeit, in der sie wach sind, körperlich inaktiv. Die Tsimane rauchen zudem wenig.

Bei der Ernährung ist der Anteil der Kohlenhydrate mit 72% sehr hoch, dabei überwiegen Ballaststoffe wie Reis, Maniok und Nüsse. Die durchschnittliche Aufnahme von Fett beträgt 38 g pro Tag und ist damit sehr niedrig. Gesättigte Fettsäuren machen nur 11 g aus, Trans-Fette werden gar nicht konsumiert. Proteine kommen im Wesentlichen von selbst gejagten Tieren bzw. Fischen.

Die niedrigen Kalk-Scores korrespondieren mit einem insgesamt sehr günstigen klinischen Risikoprofil. Auffällig ist lediglich das Entzündungsprofil: Etwa die Hälfte der Probanden wies einen erhöhten hsCRP-Wert von über 3 mg/l auf, möglicherwiese als Folge zahlreicher Infektionen. Höhere hsCRP-Werte korrelierten aber nur schwach mit einem höheren Kalk-Score, bei anderen Entzündungsparametern war die Korrelation sogar gegenläufig.

Dies sei völlig anders als in Industrienationen und stelle die These zumindest in Frage, wonach der Nachweis von Entzündungen unabhängig vom LDL-Wert mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko korreliere.