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Prof. Dr. med. H. Holzgreve Internist, Kardiologische Praxis, München

_ Prädiabetes beschreibt die Schwelle zwischen Normoglykämie und Diabetes. Leider gibt es drei konkurrierende diagnostische Methoden: Nüchternblutzucker- und HbA1c-Wert-Bestimmung sowie Glukosebelastungstest. Zudem definieren die Fachgesellschaften unterschiedliche Grenzen. Am strengsten ist die American Diabetes Association, die bei Nüchternwerten von 5,6–6,9 mmol/l (also ab 100 mg/dl) und HbA1c-Werten von 39–47 mmol/mol (also ab 5,72%) von einem Prädiabetes ausgeht.

Für eine Metaanalyse wurden 53 prospektive Kohortenstudien mit 1.611.339 Probanden ausgewertet, die die Korrelation zwischen einer Prädiabetes-Definition und dem Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen, koronare Herzkrankheit, Schlaganfall und Gesamtmortalität über im Mittel 9,5 Jahre betrachteten.

Eindeutig sind die Ergebnisse v. a. für den Zwei-Stunden-Wert beim Glukosebelastungstest und für den Nüchternblutzucker: Die Überschreitung der Grenzwerte korrelierte mit allen Endpunkten signifikant. Die Risiken erhöhten sich um 6–30%. Beim Nüchternblutzucker ist der Zusammenhang schon ab dem strengen Wert von 5,6 mmol/l zu beobachten. Beim HbA1c-Wert war eine signifikant erhöhte Komplikationsrate ab 39 mmol/mol nachweisbar, wenn auch nicht für Schlaganfall und Gesamtmortalität.

KOMMENTAR

Nach der Erstuntersuchung wurden die Probanden im Mittel noch weitere 9,5 Jahre beobachtet. Man weiß also nicht, inwieweit die Ausgangswerte oder eine Progression der diabetischen Stoffwechsellage im weiteren Verlauf die schweren Komplikationen verursacht haben. Auf jeden Fall identifiziert die schnappschussartige Bestimmung eine diabetische Stoffwechsellage, die im weiteren Verlauf das Risiko für typische Komplikationen erhöht. Nach allgemeinem Konsens sollten bei Prädiabetes dringend Lebensstiländerungen empfohlen werden — während eine Wirksamkeit pharmakologischer Maßnahmen in diesem Stadium nicht belegt ist.