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Halssonografie bei verdächtigem Palpationsbefund.

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_ Ein routinemäßiges Screening der Schilddrüse per Hals-Ultraschall ist bei Patienten ohne klinische Symptome und Befunde nicht indiziert, erklärte Prof. Martin Fassnacht vom Universitätsklinikum Würzburg. In der Laienpresse sei in den letzten Jahren immer wieder von einem massiven Anstieg der Inzidenz von Schilddrüsenkarzinomen berichtet worden. Dies liege jedoch daran, dass in vielen Ländern Screening-Programme durchgeführt wurden, die massenhaft Befunde in Form papillärer Mikrokarzinome (< 1 cm) zu Tage förderten. „Von diesen wissen wir“, so Fassnacht, „dass sie in der Regel harmlos sind.“

Risikoknoten abklären: Ultraschall hilft weiter

Der erste Schritt bei Verdacht auf eine Schilddrüsenpathologie ist die klinische Untersuchung mit Palpation des Halses. Daran schließt sich die Sonografie und bei allen Knoten über 1 cm Durchmesser eine TSH-Bestimmung zur Einschätzung der Funktion an. „Hilfreich und pragmatisch“ bei der Abklärung von Risikoknoten sind dem Endokrinologen zufolge die neuen Leitlinien* der American Thyroid Association (ATA). Diese hat sonografische Kriterien festgelegt, nach denen sich das Malignitätsrisiko bei nicht autonomen Knoten abschätzen lässt: Ein mittleres Risiko liegt bei soliden echoarmen Knoten mit regelmäßigem Rand vor; hier beträgt die Wahrscheinlichkeit eines Karzinoms 10–20%. Das Risiko steigt auf 70–90% bei soliden echoarmen Knoten, für die eines oder mehrere der folgenden Merkmale zutreffen:

  • unregelmäßiger Rand,

  • Mikrokalzifikationen im Knoten,

  • unterbrochene Kalkeinlagerungen im Rand,

  • der Knoten ist höher als breit,

  • er erstreckt sich über den Rand der Schilddrüse hinweg.

Feinnadelbiopsie bei mittlerem und hohem Risiko

Sowohl bei mittlerem als auch bei hohem Risiko empfiehlt die US-Leitlinie eine Feinnadelpunktion. Nach Fassnacht lässt sich damit das mit Abstand häufigste Schilddrüsenkarzinom, das papilläre Karzinom, ausreichend zuverlässig diagnostizieren. In Deutschland würden derzeit, so der Endokrinologe, „viel zu viele Schilddrüsen operiert“. Die Quote von Op. zu Malignom liege bei bis zu 15:1, in anderen Ländern dagegen bei 3:1 oder 4:1.

Präoperativ ist es nach Fassnacht hilfreich, zumindest einmal das Calcitonin zu bestimmen. Dieses liefere einen zuverlässigen Hinweis auf ein medulläres Schilddrüsenkarzinom.

Karzinompatienten im Verlauf evaluieren!

Patienten mit nachgewiesenem Schilddrüsenkarzinom werden gemäß den ATA-Leitlinien in drei Risikogruppen — bezogen auf das Rezidivrisiko — eingeteilt. Die Therapieentscheidung sollte in einem interdisziplinären Tumorboard erfolgen. Wie Fassnacht betonte, geht der Trend heute deutlich in Richtung „weniger ist mehr“: Es werde weniger aggressiv operiert, die bislang obligate Radiojodtherapie werde deutlich restriktiver gehandhabt und auch mit einer Thyroxintherapie halte man sich heute eher zurück: „Bei Niedrig-Risiko-Patienten ist die TSH-Suppression nicht mehr State of the Art“, so Fassnacht.

Extrem wichtig sei es, die Patienten neun bis zwölf Monate nach Therapiebeginn erneut zu evaluieren. Oft würden dabei aus ehemaligen Risikopatienten Niedrig-Risiko-Patienten. Die Diagnose Schilddrüsenkarzinom bedeute daher nicht automatisch, dass man ein Leben lang TSH supprimieren müsse.