_ „Machen Sie sich bewusst, wo ihre Grenzen im PJ liegen — und halten Sie diese auch ein!“, sagte der Jurist Roland Wehn. Wer Grenzen überschreitet, könne ernste Schwierigkeiten bekommen, betonte der Experte für Arzthaftung bei einem Seminar des Hartmannbundes während der Fachmesse Medizin 2017 in Stuttgart. Häufig erlebe er bei PJlern große Unsicherheit, was den haftungsrechtlichen Rahmen ihres Arbeitsalltags als angehender Arzt betrifft. Angst und Unsicherheit lassen sich aber eindämmen, bekräftigt der Münchner Jurist.

Ein Aufklärungsgespräch führen, Arznei geben, Fäden ziehen — nicht selten übernehmen PJlern Aufgaben, bei denen nicht gleich klar ist, ob sie diese überhaupt erledigen dürfen. Dabei sei eigentlich alles klar, so Wehn: „Im PJ dürfen die Studenten nur unter ärztlicher Aufsicht und nur auf ärztliche Anweisung tätig werden.“ Eigenständige Untersuchungen, Behandlungen und Aufklärungsgespräche seien tabu.

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Unbedarftheit schützt nicht immer vor Strafe.

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In der Arbeitsrealität kann diese Grenze verschwimmen. Wegen Personalengpässen ist nicht jederzeit ein Arzt verfügbar. In diesem Spannungsfeld können PJler in Schwierigkeiten geraten.

Patientin fällt ins Koma

Im Jahr 2011 etwa sorgte ein Fall aus einer Mainzer Klinik für Aufsehen: Eine frisch operierte Patientin erhielt von einer Studentin statt Kochsalzlösung versehentlich ein Narkosemittel. Die PJlerin war als einzige Nachtwache in der Abteilung eingesetzt. Die Patientin fiel ins Koma, und ihr Partner klagte. Das Landgericht Mainz urteilte, dass zwar strukturelle Probleme in der Klinik den Fehler verursacht hätten — die Studentin aber ebenfalls haften muss (Az.: 2 O 266/11), da sie ein Mittel verabreicht hatte, dessen Zusammensetzung sie gar nicht kannte.

„Im PJ sind viele Studenten zuerst der Auffassung, nicht sie seien haftbar, sondern die Klinik und der verantwortliche Arzt — das ist ein Irrglaube“, sagte Wehn. Wer sehenden Auges in ein Problem steuere, müsse dafür in der Regel zumindest einen Teil der Verantwortung übernehmen — auch als Student. „Wenn Sie eine Aufgabe oder einen Dienst übernehmen sollen und dabei keinen ärztlichen Betreuer haben, ist es wichtig, die Grenze zu ziehen. Lehnen Sie den Dienst im Zweifelsfall ab!“, betonte der Jurist. Wer sich im Vorfeld ausreichend informiere und vorbereite, müsse jedoch keine Furcht bei der Arbeit haben.

Versicherungsstatus prüfen

Vor dem PJ sollte jeder Student seinen Versicherungsstatus prüfen, so Wehn. „Klären Sie, ob Sie eine eigene Berufshaftpflichtversicherung brauchen oder etwa über ihre Ausbildungseinrichtung oder einen Berufsverband geschützt sind“, sagte Wehn.

Panik sei aber fehl am Platz. Der Arztberuf sei zwar von Natur aus risikobehaftet — Zwischenfälle wie jener in Mainz seien aber selten: „Bei rund 11.000 Studenten, die ich als Justiziar bei der Deutschen Ärzteversicherung betreue, kommt es höchstens ein- bis zweimal im Jahr vor, dass einer von ihnen in größere Schwierigkeiten kommt.“