Die Vielzahl an medikamentösen Optionen gegen die Depression kann für den Hausarzt verwirrend sein. Wie die Differenzialtherapie mit wenigen Mitteln gelingen kann, erklärte Prof. Peter Zwanzger auf dem DGPPN-Kongress 2016 in Berlin.
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_ Etwa jeder zehnte Patient in deutschen Allgemeinarztpraxen leidet an einer Depression. Ist ein Antidepressivum nötig, ist es bei der Vielzahl an psychopharmakologischen Optionen mit unterschiedlichen Wirkkomponenten und Nebenwirkungsprofilen schwierig, im konkreten Fall das geeignete Medikament auszusuchen. Deswegen empfahl Prof. Peter Zwanzger, Chefarzt der psychiatrischen Klinik in Wasserburg am Inn, Hausärzten, sich zwei bis vier Antidepressiva auszusuchen, mit denen sie sich entscheiden zu arbeiten. Als Beispiel empfahl er folgende Medikamente, die sich seiner Erfahrung nach gut für die hausärztliche Praxis eignen:
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Einen selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI), z. B. Sertralin
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Einen selektiven Serotonin- und Noradrenalinwiederaufnahmehemmer (SSNRI), z. B. Venlafaxin
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Ein noradrenerges und spezifisch serotonerges Antidepressivum (NaSSA), z. B. Mirtazapin
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Einen melatonergen Ansatz, z. B. Agomelatin
Das richtige Medikament finden
Leidet der Patient an Antriebsarmut oder Ängstlichkeit, riet der Psychiater beispielsweise zu einer Therapie mit Sertralin oder Venlafaxin, die antriebssteigernd wirken. Bei agitierten oder unruhigen Patienten oder solchen, die an Schlafstörungen leiden, eignet sich laut Zwanzger eher Mirtazapin. Bei Depressionen, die von Einschlafstörungen begleitet sind, empfiehlt er Agomelatin. Natürlich gibt es noch viele andere Antidepressiva, und die hier beispielhaft genannten sind nicht in 100% der Fälle geeignet.
Um Nebenwirkungen zu vermeiden, empfahl Zwanzger ein langsames Aufdosieren. Er wies auch darauf hin, dass es im Einsatz von SSRI und SSNRI häufig zu einer anfänglichen Symptomverschlechterung kommen kann. In den ersten 7 bis 14 Tagen nach Therapiebeginn können Ängstlichkeit, Anspannung und Unruhe schlimmer werden. Darüber muss der Patient im Vorhinein aufgeklärt werden.
Der beste Weg, diese Phase zu überbrücken, sei die Halbierung der Dosis, erklärte Zwanzger. Dadurch werde das Risiko für Nebenwirkungen um ein Sechsfaches verkleinert. Die Enddosis wird durch die Halbierung nicht beeinflusst, sie wird nur langsamer erreicht. Eine weitere Möglichkeit sei die zusätzliche Gabe eines Benzodiazepins für einen begrenzten Zeitraum. So kann die Zeit, in der das Medikament den Antrieb bereits steigert, die antidepressive Wirkung aber noch nicht eingetreten ist, überbrückt werden. Der Psychiater betonte aber, dass es kontrolliert verordnet und schrittweise abgesetzt werden muss. Aufgrund des hohen Abhängigkeitspotenzials dürfen Benzodiazepine auf keinen Fall langfristig angewendet werden.
Dauer der Therapie
In den ersten vier bis acht Wochen findet die Akuttherapie statt, in der sich die Symptomatik verbessern soll. Dann schließt sich eine Erhaltungstherapie an, in der der Patient zwar wenig oder sogar keine Symptome hat, aber noch nicht gesund ist. Diese Phase dauert meist sechs Monate oder sogar länger. Erst wenn diese Phase abgeschlossen ist, kann man von einer Genesung sprechen. Anschließend erst beginnt die Rückfallprophylaxe. Reduktionsversuche sollten erst vorgenommen werden, wenn der Patient die Erhaltungstherapie beendet hat.
Literatur
Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN), 25 November 2016 in Berlin
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Jakob, C. Depressions-Therapie leicht gemacht. MMW - Fortschritte der Medizin 159, 16 (2017). https://doi.org/10.1007/s15006-017-9308-z
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