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Prof. Dr. med. Hans Jürgen Heppner

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_ Die dauerhafte Antikoagulation ist bei Risikofaktoren wie Vorhofflimmern, Klappenprothetik oder stattgehabtem Schlaganfall sowie anderen kardiovaskulären Erkrankungen Therapie der Wahl. Dies gilt auch für geriatrische Patienten. Allerdings ist bei dieser Patientengruppe eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung in Bezug auf Blutungsrisiko und Komorbiditäten notwendig. Daran hat auch die Einführung der neuen oralen Antikoagulanzien (NOAK) nichts geändert. Um Ihnen die Entscheidung für oder gegen eine orale Antikoagulation zu erleichtern, werden in diesem Schwerpunkt zwei typischen Fälle vorgestellt und anschließend interdisziplinär diskutiert.

Fall 1

92-jähriger Patient, Einweisung durch den Hausarzt wegen Exsikkose und Delir.

Anamnese · Zunehmende dementielle Entwicklung bei bekannter vaskulärer Demenz, Mini-Mental-Status-Test (MMST) 18/30 Pkt., Weglauftendenz. Pflegegrad 2, versorgt durch Familie, Haushaltshilfe, wechselnde Bezugspersonen. Am Rollator mobil, Timed up and go 38 s am Rollator, den er aber häufig nicht benutzt. Rezidivierende Stürze, konservativ versorgte Humerusfraktur 2014, operativ versorgte pertrochantäre Femurfraktur 2015. In den letzten acht Wochen 4 x gestürzt, 3 x Vorstellung in einer Notaufnahme, 1 x ausgedehntes Hämatom.

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Schon öfters hingefallen?

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Vorerkrankungen · Arterielle Hypertonie, bekannte Atherosklerose und chronisches Vorhofflimmern (CHA2DS2-Vasc-Score 4 Punkte). Z. n. Sigma-Resektion bei Karzinomdiagnose 2010, kontinuitätserhaltend operiert. COPD bei langjährigem Nikotinabusus, Polyarthrose, Anämie, chronische Niereninsuffizienz Stadium II–III, Osteoporose, Z. n. gastrointestinaler Blutung Forrest IIa vor einem Jahr mit notwendiger Gabe von Erythrozytenkonzentraten. HES-Bled-Score 4 Punkte.

Labor · GOT 81 U/L, GPT 77 U/L, Gamma-GT 80 U/L, Serumkreatinin 1,2 mg/L (105,6 μmol/L).

Medikation · Marcumar (7½ Tabl./Woche, Quick-Wert 25–30%), Lercanidipin 1 x 10 mg, Valsartan 1 x 80 mg, Pantoprazol 1 x 20 mg, Diclofenac 2 x 50 mg, Ipratropiumbromid 1 x 0,0018 mg p. i., Donepezil 1 x 5 mg, Vigantoletten 1.000 IE 1-0-0.

Fall 2

78-jährige Patientin mit Gangunsicherheit und Schwindel, Vorstellung in der hausärztlichen Praxis.

Anamnese · Einmaliger Sturz mit Steißbeinprellung, ausreichender Allgemein- und Ernährungszustand, gelegentlich Schlafstörungen. Lebt selbstständig, Pflegegrad 3, unterstützt durch die Tochter, Nachbarn helfen täglich, am Rollator mobil. Antikoagulation mit Marcumar seit TIA vor zwei Jahren bei absoluter Arrhythmie, lediglich 4/10 INR-Werten im Zielbereich.

Geriatrisches Assessment · Barthelindex 80/100 Pkt., Timed up and go 17 s am Rollator, MMST 26/30 Pkt., Geriatrische Depressionsskala (GDS) 2/15 Pkt.

Vorerkrankungen · Globale Herzinsuffizienz, aktuell kompensiert, paroxysmales Vorhofflimmern (CHA2DS2-Vasc-Score 6 Punkte), arterielle Hypertonie, Anämie, Diabetes mellitus Typ 2, HES-Bled-Score 3 Punkte.

Labor · Hb 10,0 g/dl, Vitamin D 21 ng/ml, Leberwerte unauffällig, Serumkreatinin 1,1 mg/dl (96,8 μmol/L), eGFR 56 mL/min-1.

Medikation · Pantoprazol 40 mg 1-0-0, Beloc-Zok® mite 1/2-0-1/2, Ferro Sanol duod. 1-0-1, Mirtazapin 7,5 mg 0-0-0-1, Novalgin 20 Tropfen 1-1-1, Marcumar nach INR (meist 3 Tabl.).