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Prof. Dr. med. H. S. Füeßl Privatpraxis für Integrative Innere Medizin, München

_ Pokémon Go ist ein Handyspiel in der erweiterten Realität: Der Spieler sucht in der wirklichen Welt nach Comicfiguren, die auf dem Bildschirm seines Smartphones auftauchen. Das Spiel ist ein Hit: Seit Juli 2016 wurde es weltweit über 500 Millionen Mal heruntergeladen. Da der Nutzer sich zwangsweise gehend durch die reale Welt bewegen muss, ist Pokémon Go in den Augen seiner Apologeten ein Heilmittel für den verbreiteten Bewegungsmangel junger Leute.

Ob diese These plausibel ist, wurde nun an 1.182 Personen im Alter von 18–35 Jahren untersucht, die das Spiel auf ihr iPhone 6 heruntergeladen hatten. Auf diesem Gerät ist eine App vorinstalliert, die die Schritte des Besitzers zählt. So konnte die individuelle tägliche Schrittzahl in den vier Wochen vor und den sechs Wochen nach der Installation des Spiels erfasst werden. Die Vergleichswerte stammten von Nichtspielern.

47,4% der Studienteilnehmer berichteten, dass sie regelmäßig Pokémon Go gespielt hätten. In den vier Wochen vor der Installation des Spiels legten sie im Durchschnitt 4.256 ± 2.697 Schritte pro Tag zurück. Nach Installation des Spiels stieg die durchschnittliche Schrittzahl in der ersten Woche um 955 Schritte (95%-Konfidenzintervall 697–1.213).

Der Wert nahm aber in den folgenden fünf Wochen fortlaufend ab und hatte sechs Wochen nach der Installation wieder das Ausgangsniveau erreicht. Alter, Geschlecht, BMI, ethnische Zugehörigkeit, Wohnsitz (Stadt vs. Land) und Eignung der Wohngegend für Spaziergänge spielten dabei keine Rolle.

KOMMENTAR

Das Argument, wonach Pokémon Go zu einer signifikanten Erhöhung der körperlichen Aktivität führen würde, scheint durch die Untersuchung widerlegt. Da dieser naheliegende präventivmedizinische Vorteil nicht gegeben ist, muss man schon sehr kreativ sein, um noch andere Vorteile zu finden. Dazu könnte gehören, dass die Hände mit dem Smartphone beschäftigt sind und sich somit der Tabak- und Cannabis-Konsum oder auch die Zahl der Straftaten reduzieren könnten. Dem stehen allerdings die unmittelbare Verletzungsgefahr der Spieler durch unachtsames Umherlaufen, Stürze von Mauern und Klippen bei exotisch versteckten Pokémons bis hin zum Tod durch Erschießen beim Eindringen in Privatgrundstücke gegenüber. Kein Wunder, dass Unfallversicherer mittlerweile vor dem Spiel warnen.

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Immerhin steigern sie ihre Schrittzahl.

© filadendron / Getty Images / iStock