Die SPD möchte die private Krankenvollversicherung abschaffen. Viele Ärzte sind skeptisch, weil die höheren GOÄ-Honorare eine wichtige Säule ihrer betriebswirtschaftlichen Kalkulation sind. SPD-Gesundheitsexperte Lauterbach sieht an dieser Stelle keinen Grund zur Sorge.
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_ Es ist kein Geheimnis: Die Bürgerversicherung ist ein wichtiges Ziel der SPD. Nach ihrer Einführung ist sie für alle neu Versicherten die einzige Option. Sie kann — wie z. B. in den Niederlanden — sowohl von privaten als auch von gesetzlichen Kassen angeboten werden. Alte PKV-Verträge genießen Bestandsschutz, privat Versicherte — auch Selbstständige und Beamte — bekommen aber eine zeitlich befristete Wechseloption. Der Wechsel ist unabhängig von Alter und etwaigen Risikofaktoren möglich. Die Altersrückstellungen können im Rahmen des verfassungsmäßig zulässigen Umfangs mitgenommen werden.
Insgesamt nicht weniger Geld
Nun gibt es unter den niedergelassenen Ärzten die verständliche Sorge, dass eine mit der Bürgerversicherung einhergehende einheitliche Honorarordnung in den Praxen zu Einbußen führen würde. Schließlich macht es heute einen teils deutlichen Unterschied, ob man eine Leistung nach GOÄ oder nach EBM abrechnen kann.
Man muss sich aber vor Augen führen, dass eine einheitliche Honorarordnung nicht insgesamt zu weniger Mitteln für die ambulante Versorgung führt. Stattdessen treffen sich die Honorare in der Mitte: Bei den gesetzlich Versicherten werden sie steigen, bei den privat Versicherten auf das gleiche Niveau sinken. Dem System wird unterm Strich kein Geld entzogen.
Auf diese Weise wird allerdings ein großer Schritt hin zur Überwindung der Zwei-Klassen-Medizin gemacht, deren Hauptursache die heute bestehenden Unterschiede in der Vergütung sind. Mit der neuen Honorarordnung, die auch für Bestandsversicherte der PKV gilt, wird gegenüber der Ärzteschaft eine Neutralität hinsichtlich des Versichertenstatus herbeigeführt.
Für alle Patienten werden die Honorare nicht mehr abhängig von ihrer Krankenversicherung, sondern von ihrem Behandlungsbedarf bezahlt. Sinnvoll erscheint eine Kombination aus Pauschalen und Einzelleistungen sowie Qualitätszuschlägen. Aus Gründen der Transparenz könnten auch Kostenerstattungselemente enthalten sein.
Im gleichen Zuge können wir auch dafür sorgen, dass die Honorarverteilung innerhalb der Ärzteschaft gerechter wird. Unsinnige und für eine flächendeckende Versorgung schädliche Anreize entfallen — so etwa die verstärkte Ansiedlung von Haus- und Fachärzten in Regionen mit einem hohen Anteil an privat Versicherten. Bei der Vergütung muss auch eine Rolle spielen, wo sich die Praxis befindet und welchen Versorgungsauftrag sie hat. Praxen in unterversorgten Gebieten oder mit vielen, eher schwierigen Patienten sollen einen Honorarzuschlag erhalten.
Sparen ist nicht das Ziel
Es geht uns bei der Bürgerversicherung um nichts weniger als um Gerechtigkeit. Es ist aber ausdrücklich nicht das Ziel dieser Systemumstellung, Geld zu sparen oder den hervorragend arbeitenden Ärzten Honorar zu entziehen. Eine Schwächung der ambulanten Versorgung liefe der Idee, mehr Gerechtigkeit zu schaffen, zuwider.
Dieser Leitgedanke soll übrigens auch der Finanzierung der Bürgerversicherung zugrunde liegen. Wie bisher sollen Versicherte, Arbeitgeber und der Staat sich daran beteiligen. Für den Bürgerbeitrag soll weiterhin eine Bemessungsgrenze gelten — nicht aber für den Arbeitgeberbeitrag. Arbeitgeber werden also deutlich mehr Abgaben für Großverdiener zahlen.
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Der Autor ist Arzt und Gesundheitsökonom. Seit 2005 gehört er der SPD-Fraktion im Bundestag an, zurzeit als stellvertretender Vorsitzender.
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Lauterbach, K. Keine Angst ums ärztliche Honorar!. MMW - Fortschritte der Medizin 159, 34 (2017). https://doi.org/10.1007/s15006-017-9265-6
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