_ In einer großen retrospektiven Kohortenstudie haben die Mediziner um Kathleen M. Schieffer eine Assoziation zwischen Schallempfindungsschwerhörigkeit und Eisenmangelanämie gefunden. Sollte sich das Ergebnis bestätigen, könnte das Konsequenzen für die Therapie der Patienten haben.

Den Anstoß, nach einem solchen Zusammenhang zu suchen, hatte eine Studie zum plötzlichen sensorineuralen Hörverlust geliefert. Bei dieser Hörschädigung unbekannter Ursache war schon 2014 eine Verbindung mit einer Eisenmangelanämie hergestellt worden (Chung SD et al. JAMA Otolaryngol Head Neck Surg). In der jetzt veröffentlichten Studie der Penn State University wurde deswegen geprüft, ob eine Eisenmangelanämie auch bei der Entwicklung von Schwerhörigkeit eine Rolle spielen könnte.

Anämische Patienten häufiger schwerhörig

Für die Untersuchung wurden die Krankenakten von über 300.000 erwachsenen Patienten der Penn State University aus den Jahren 2011 bis 2015 ausgewertet. Von den Patienten im mittleren Alter von 50 Jahren litten demnach 0,7% an einer Eisenmangelanämie. Eine Schallempfindungsschwerhörigkeit war ebenfalls bei 0,7% diagnostiziert worden, eine Schallleitungs- bzw. eine kombinierte Schwerhörigkeit bestand bei 0,2% bzw. 1,6%. Dabei waren die Patienten mit Eisenmangelanämie signifikant häufiger sowohl von einer sensorineuralen als auch einer kombinierten Schwerhörigkeit betroffen (1,1% bzw. 3,4%). Das war auch dann noch der Fall, wenn für die Geschlechtszugehörigkeit adjustiert wurde (Odds Ratio 2,41 für die kombinierte und 1,82 für die sensorineurale Schwerhörigkeit).

Als Eisenmangelanämie galt ein Serumferritinwert < 12,0 ng/ml in Kombination mit einem alters- und geschlechtsabhängig zu niedrigen Serumhämoglobinwert (Grenzwert für Männer altersabhängig zwischen < 13,7 und < 12,4 g/dl, für Frauen zwischen < 12,0 und < 11,8 g/dl). Von Schwerhörigkeit ging man aus, wenn bei einer Konsultation der ICD-9-Code 389.0, 389.1 oder 389 dokumentiert worden war.

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Würde Sie besser hören, wenn sie nicht anämisch wäre?

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Ischämische Schäden in der Cochlea

Die Studienautoren erörtern verschiedene Wege, auf denen eine durch Eisenmangel verursachte Anämie das Hörvermögen schädigen könnte. So ist die Cochlea wegen der ausschließlichen Versorgung über die Arteria labyrinthi höchst empfindlich gegen ischämische Schäden; Letztere werden durch einen Eisenmangel offenbar begünstigt. Zu den vaskulären Schäden könnte auch eine bei Eisenmangelanämie häufig anzutreffende reaktive Thrombozytose beitragen. Außerdem kann Eisenmangel die Energiegewinnung und infolge davon auch die Synthese von Myelin beeinträchtigen, wodurch die Leitungsgeschwindigkeit des Hörnervs herabgesetzt werden kann.

Die Studienautoren empfehlen, die Verbindung zwischen Eisenmangelanämie und Hörverlust weiter zu untersuchen. Insbesondere müsse geklärt werden, ob durch eine frühere Diagnose und eine Eisensupplementierung der Hörschaden aufgehalten werden könne.