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Prof. Dr. med. Hermann S. Füeßl

_ Die Schleimhäute von Nase, Nasennebenhöhlen, Rachen, Kehlkopf, Trachea und Bronchien begrenzen einen Luftraum mit direkter Verbindung zur Außenwelt. Mit jedem Atemzug stehen sie mit allem in unmittelbarem Kontakt, was sich in der Luft so herumtreibt. Kein Wunder, dass Infekte der oberen Atemwege zu den häufigsten Erkrankungen gehören. Die Inzidenz ist in der kalten Jahreszeit am höchsten, weshalb sich der Name „Erkältung“ eingebürgert hat, obwohl die Erkrankung nichts mit Unterkühlung zu tun hat. Der entscheidende Einflussfaktor ist der Kontakt mit anderen Personen. Kinder, die in eine Krippe gehen, haben 50% mehr Erkältungen als Kinder, die zu Hause bleiben. Junge, gesunde Eltern mit Kleinkinderkontakt haben wesentlich mehr Erkältungen als allein lebende gleichaltrige Personen.

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Patienten mit Schnupfen und Husten haben oft Sorge, dass sich eine Grippe oder eine Lungenentzündung entwickeln könnte. Das soziale Umfeld fürchtet vor allem die mögliche Ansteckung — kommt die akute Rhinosinusitis in unserer optimierten Arbeits- und Freizeitwelt doch immer zur Unzeit. Deshalb steht bei den meisten Patienten der Wunsch nach einer raschen Symptomlinderung im Vordergrund.

Obwohl es sich herumgesprochen haben sollte, dass in über 90% der Fälle ein Virusinfekt vorliegt, fordern immer noch viele Patienten eine antibiotische Behandlung, um schnell wieder „auf dem Damm“ zu sein. Ärzte geben diesem Drängen leider immer noch zu häufig nach, sei es aus Zeitgründen oder juristischen Überlegungen. So leisten sie leider einen erheblichen Beitrag zur Entwicklung von Resistenzen.

Dass auf diesem Gebiet jenseits der Leitlinienempfehlungen zahlreiche nicht-medizinische Einflüsse eine Rolle spielen müssen, zeigt ein Vergleich der Antibiotikaverordnungen an Patienten in verschiedenen europäischen Ländern, die mit akutem Husten zum Hausarzt gingen. Während in Bratislava 88% der Patienten Antibiotika verschrieben bekamen, waren es in Barcelona nur 21%. Dabei hatte der Einsatz eines Antibiotikums keinen Einfluss auf die Krankheitsdauer.

Sinnvoller, aber leider auch zeitaufwändiger ist es, Patientenzufriedenheit und Behandlungssicherheit durch genaue Information über die virale Natur der Erkrankung, engmaschige Nachkontrollen, Erreichbarkeit beim Auftreten von Alarmzeichen und realistische Aufklärung über die zu erwartende Symptomendauer anzustreben. Auch die verzögerte Antibiotikaverschreibung kann ein in Studien nachgewiesenermaßen erfolgreicher Weg sein, wird allerdings bislang kaum praktiziert.

Auch wenn wir in den meisten Fällen keine ursächliche Behandlung zur Verfügung haben, so sollten wir doch das reichhaltige Angebot zur Symptomenlinderung nutzen. Dazu gehören vor allem Phytotherapeutika. Für einige dieser Präparate gibt es mittlerweile wissenschaftliche Evidenz einer Verkürzung der Symptomendauer und -intensität.

Für das Management der Erkältungskrankheiten der oberen Luftwege gilt in besonderem Maße das Diktum von Voltaire, wonach die Kunst der Medizin darin besteht, den Kranken solange bei Laune zu halten, bis die Natur die Krankheit geheilt hat.