_ 2011 erkannte Hausarzt Dr. Michael Gurr, dass es für die Patienten toll wäre, Fragen digital an den Arzt richten zu können — und also nicht mit jeder Kleinigkeit gleich in die Sprechstunde laufen zu müssen. Fünf Jahre später ging Gurrs Online-Sprechzimmer mit dem Namen „meinarztdirekt.de“ an den Start. Inzwischen nutzt er das Portal für den Kontakt mit 100 Patienten. Mehrere Kollegen aus verschiedenen Fachgruppen sind seinem Beispiel bereits gefolgt.

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„Nur mal ’ne kurze Frage, Doc!“

© Eva-Katalin / Getty Images / iStock

Gurr ist seit 14 Jahren als Landarzt in einer Einzelpraxis in der Nordpfalz niedergelassen und kennt die teils langen Wege zur Sprechstunde auf dem Land. Dabei sind nach seinen Schätzungen 30–40% der Patientenbesuche überflüssig, da hier ein simples Fragen und Antworten ausreichen. Dieser Austausch lässt sich aber genauso gut digital vollziehen. Gurr hält das angesichts der hohen Zahl von Arztbesuchen in Deutschland sogar für unabdingbar.

Zusammen mit dem befreundeten Informatiker Hans-Georg Schleißinger verwirklichte der Hausarzt seine Vision eines schriftlichen Online-Sprechzimmers für seine Patienten. Rechtssicher, orts- und zeitunabhängig sollte es sein. Es müsste für Ärzte und Patienten benutzerfreundlich sein, für beide Seiten transparent und fair bezahlt, und die Patientendaten müssten absolut sicher verschlüsselt und in Deutschland gelagert sein.

Eigenes Tech-Start-up gegründet

Nach Rücksprache mit Rechtsanwälten gründeten Gurr und Schleißinger 2015 eine GmbH und werben nun aktiv um weitere Ärzte und Patienten. Nach der Registrierung auf der Seite erhält der Patient von seinem Arzt einen persönlichen Zugangscode, mit dem er sein eigenes Benutzerkonto mit dem seines Arztes verknüpfen kann.

Arzt und Patient müssen sich persönlich kennen, die Online-Sprechstunde dient nur zur Ergänzung des persönlichen Kontakts. Die Nutzerdaten bleiben immer innerhalb des Portals und sind auf deutschen Servern gespeichert.

Die Kommunikation verläuft dann wie aus üblichen Messengern bekannt, auch Bilder können angehängt werden. Der Vorteil dabei: Der Arzt muss keine Zeit für die Beantwortung der Fragen reservieren, wie etwa bei einer Video-Sprechstunde. Er antwortet dann, sobald es ihm zeitlich möglich ist, wobei er das nach Möglichkeit am selben Tag schaffen will.

Abrechnung bisher nur nach GOÄ

Auch am Wochenende nimmt sich Gurr Zeit für seine Online-Patienten. Hat der Patient keine Rückfragen, schließt der Arzt die Konsultation und rechnet je nach Zeitaufwand die GOÄ-Nr. 1 oder 3 zum 1- bis 3,5-fachen Satz, ab. Der Patient kann die Rechnungen über gängige Online-Bezahlsysteme begleichen.

Privatpatienten können diese ausdrucken und bei ihrer Versicherung einreichen. Laut Gurr gibt es dabei bisher keine Probleme. Für Kassenpatienten ist die Konsultation bisher noch eine Selbstzahlerleistung, Gurr arbeitet aber gerade an Erstattungsmodellen mit gesetzlichen Kassen.

Die Resonanz seiner Patienten sei bisher durchweg positiv, sagt Gurr. Sein ältester Online-Patient sei 88 Jahre alt und vom Portal begeistert. Die Bezahlung funktioniere gut. Erfreulicherweise verstünden die Patienten auch sehr genau, welche Fragen sich für die Online-Sprechstunde eignen und welche eines physischen Besuchs bedürfen.