_ Einen Typ-2-Diabetiker, dessen HbA1c-Wert trotz Ausschöpfung der oralen Möglichkeiten kontinuierlich anstieg und sich auch durch diätische Maßnahmen nicht bremsen ließ, stellte ich auf eine basal mit einem Langzeit-Insulinanalogon unterstützte orale Therapie ein. Der Patient wurde ausführlich in die Anwendung des Injektors eingewiesen, und ich hatte den Eindruck, er habe alles verstanden.

Nach etwa neun Wochen kam der Patient verabredungsgemäß zur Laborkontrolle, wobei sich erstaunlicherweise nicht nur ein gravierender Anstieg der Nüchternglukose, sondern auch des HbA1c-Werts zeigte. Der Patient beteuerte, das „neue Medikament“ getreu meinen Anweisungen gespritzt zu haben. Zudem betonte er, er habe sich ohne die vielen anderen Tabletten außerordentlich wohl gefühlt.

Mir fiel es bei seinen Worten wie Schuppen von den Augen: Der Gute hat leider geglaubt, das „neue Medikament“, welches er für eine Art Wundermittel hielt, könne seine gesamte bisherige Medikation komplett ersetzen, weshalb er auf diese seit Wochen verzichtete.

Ich habe mir seinen entgleisten Diabetes selbst zuschreiben müssen. Zwar hatte ich ihn ausführlich in der Anwendung des Pens geschult hatte, doch hatte ich im routinierten Gespräch offenbar versäumt, ihn explizit darauf hinzuweisen, dass er seine bisherige Medikation natürlich auch weiterhin einnehmen muss.