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Auffällige mittige Einkerbungen der Nagelplatte an beiden Daumen.

© T. Jansen

_ Bei einem 35-jährigen, ansonsten gesunden Patienten traten seit etwa zwei Jahren eigenartige Nagelveränderungen auf. Er hatte bereits bei zahlreichen Ärzten vorgesprochen, ohne eine Erklärung zu finden. Trotz verschiedener lokaler Therapieversuche war der klinische Befund weitgehend unverändert geblieben. Vergleichbare Nagelveränderungen waren bei anderen Familienmitgliedern nicht vorhanden.

Bei der klinischen Untersuchung fand sich eine longitudinal von der Nagelmatrix bis zum freien Nagelende reichende, mittige Einkerbung der Nagelplatte mit Ausbildung von unterschiedlich breiten Querrillen an beiden Daumennägeln. Die übrigen Finger- und Zehennägel waren unauffällig.

Die Diagnose lautete Onychodystrophia mediana canaliformis. Das Krankheitsbild unklarer Ätiologie wurde erstmals 1928 von dem deutschen Dermatologen Julius Heller beschrieben. Derartige Nagelveränderungen entstehen sowohl ein- als auch beidseitig. Eine familiäre Häufung wurde beobachtet. Nach monate- bis jahrelangen Verläufen kommen spontane Rückbildungen vor, jedoch sind Rezidive häufig. Wahrscheinlich handelt es sich um eine durch wiederholte traumatische Einwirkung bedingte kanalförmige Nagelveränderung, für die Tic-artige oder gewohnheitsmäßige Manipulationen im Bereich des proximalen Nagelfalzes des Daumens verantwortlich gemacht werden. Bei ausgeprägter klinischer Symptomatik und Therapieresistenz sowie Verdacht auf psychische Komorbidität sollte eine Vorstellung beim psychiatrischen Fachkollegen erwogen werden.