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Dr. med. M. Thöns Anästhesiepraxis Thöns-Müller-Berge, Witten

_ Anhand der Auswertung diverser Literatur- und Studiendatenbanken sollte die Frage geklärt werden, ob neue Krebstherapeutika im Langzeitverlauf von 3,3–8,1 (im Schnitt 5,4) Jahren den Patienten nutzen. Es ging um 48 Mittel, die die Europäische Arzneimittel-Agentur zwischen 2009 und 2013 in 68 Indikationen zugelassen hatte, darunter 17 hämatologische und 51 solide Malignome. 61 Zulassungen (90%) hatten lediglich ein palliatives Ziel.

Trotzdem wurde bei keiner Indikation die Verbesserung der Lebensqualität als primärer Endpunkt untersucht. Selbst als Nebeneffekt wurde dies nur bei 9 (13%) belegt. Dabei galt z. B. die Besserung der Atemnot, nicht aber des Schmerzes als Zulassungskriterium. Für gerade einmal 2 Substanzen (2,9%) ergab sich eine Lebenszeitverlängerung bei verbesserter Lebensqualität. 26 Substanzen (38%) steigerten das Gesamtüberleben über die Nachbeobachtungsperiode, und zwar um 1–5,8 Monate, im Schnitt um 2,7. Die Lebenszeitverlängerung war nach den Kriterien der europäischen Krebsgesellschaft ESMO nur bei 11 (16,2%) relevant.

Die Autoren warnen, dass mit der Zulassung teurer Medikamente ohne klinisch sinnvollen Nutzen einzelne Patienten geschädigt und wichtige Ressourcen verschwendet werden könnten. Die Bereitstellung von gerechter und erschwinglicher Gesundheitsversorgung werde so untergraben.

KOMMENTAR

Selbst im Langzeitverlauf erfüllen moderne Krebstherapeutika zu einem Großteil nicht die in sie gesetzten Erwartungen. Ein Lebenszeitgewinn wurde nur bei einem kleinen Teil gezeigt, und meist war er dann trotz statistischer Signifikanz nicht patientenrelevant.

Bedrückend ist, dass der Großteil der Substanzen nur in einer palliativen Indikation zugelassen wurde. Hier ist v. a. eine Verbesserung der Lebensqualität wichtig — die aber bei keiner Substanz als primärer Endpunkt untersucht und auch als Nebeneffekt kaum registriert wurde. Trotzdem werden diese Mittel weiter verordnet und extrem hochpreisig erstattet. Als Ärzte müssen wir diese Ressourcenverschwendung beenden.