_ Ich bin vor einiger Zeit mit meiner Praxis umgezogen, aber ein 75-jähriger Patient scheute die 60-km-Fahrt offenbar nicht, denn er wollte unbedingt und dringend vorbeikommen. Ich gab ihm einen Termin, und kurze Zeit später taucht er in der Praxis auf und schilderte sein Anliegen. Es ging um seine Potenzprobleme, deretwegen ich ihm seinerzeit einen bekannten blauen PDE-5-Hemmer verschrieben hatte. In dieser delikaten Angelegenheit wollte er nicht zur lokalen Ärztin „Sie wissen schon, mein Ort ist so klein, die Leute reden so viel!“, klagte er. Er hatte Angst, dass seine Probleme anschließend auf dem Marktplatz diskutiert würden.

Dann kam er zum Anlass seines Besuchs: „Gestern ist mir ist etwas passiert: Ich wollte eine Viagra einwerfen — und sie ist mir im Hals steckengeblieben!“ Er habe alles probiert, Brot gegessen, viel getrunken, sich sogar auf den Kopf gestellt. Doch die Pille blieb stecken. Er überlegte noch, ob er vielleicht eine zweite nachnehmen sollte. „Das habe ich mich aber nicht getraut“, berichtete er. Somit war’s das für diesen Abend; es lief nichts mehr.

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Am nächsten Tag der gleiche Horror noch mal: Die nächste Pille blieb auch stecken! „Also wieder nix“, meinte der Patient. Die Tablette habe er dann erst viel später mit ordentlich Spülen runterschlucken können.

Nun traute er sich einfach nicht mehr, die Pillen überhaupt noch zu nehmen — ein großes Problem, da sie seine seit 40 Jahren bestehende Ehe bis dato gerettet hatten. Also verschreibe ich ihm ähnliche Pillen mit einer etwas anderen Form und bat ihn, sich bei Unklarheiten wieder zu melden. Wir haben danach nichts mehr von ihm gehört. Offenbar können sich Patient und Ehefrau wieder mit schöneren Dingen beschäftigen als mit der Sorge ums Pillenschlucken.

Scharfzüngig war der Kommentar meiner Assistentin, als wir den Fall noch am selben Tag nachbesprachen. Sie fragte: „Ist denn bei dem Mann dafür der Hals ganz steif geworden?“