_ „Das Spektrum der Weizenunverträglichkeiten umfasst neben der Zöliakie und der Weizenallergie auch die Weizensensitivität“, erklärte Prof. Yurdagül Zopf, Erlangen. Die Datenlage sei eindeutig: „Die Weizensensitivität ist kein Mythos, sondern Fakt“. Die Angaben zur Prävalenz bewegen sich zwischen 0,5 und 6%, wobei Frauen fünfmal häufiger betroffen sind. Oft ist die Weizensensitivität mit anderen Erkrankungen assoziiert. Bei fast jedem Zweiten findet sich auch ein Reizdarmsyndrom, bei jedem Dritten eine andere Nahrungsmittelintoleranz bzw. IgE-vermittelte Allergie und bei jedem Vierten eine Autoimmunerkrankung. Häufige Symptome sind neben Bauchschmerzen Hautekzeme, Erschöpfung, Kopfschmerzen, Verwirrtheit, Depression, Muskel- und Gelenkschmerzen, Übelkeit, Durchfall und Meteorismus.

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Wird Glutenverzicht ihre Beschwerden lindern?

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Eine Ausschlussdiagnose

Bevor die Diagnose „Weizensensitivität“ gestellt wird, müssen die beiden anderen Ursachen der Weizenunverträglichkeit ausgeschlossen sein. Die Zöliakie ist autoimmunvermittelt und kann mit Hilfe der Zöliakie-Antikörper (Antikörper gegen Tissue-Transglutaminase, Gliadin oder Endomysium) und einer Duodenalbiopsie nachgewiesen werden. Die Weizenallergie dagegen ist IgE-vermittelt. Sie erfordert eine Abklärung mittels IgE-RAST im Serum oder mittels eines Prick-Hauttests. „Sind diese beiden Erkrankungen bei Personen mit Gluten-induzierten Beschwerden ausgeschlossen, muss man von einer Nicht-Zöliakie-Nicht-Weizenallergie-Weizensensitivität ausgehen“, so Zopf.

Was ist der Auslöser?

Der Auslöser der Weizensensitivität ist bisher nicht bekannt. „Auch wenn vieles dafür spricht, dass Gluten der Übeltäter ist, bewiesen ist es nicht“, so Zopf. Für Gluten als Auslöser sprechen Studien, in denen durch eine Gluten-freie bzw. -arme Diät eine deutliche Verbesserung der Beschwerden erreicht werden konnte. In einer Studie gelang es allerdings nur jedem Zweiten, die erhaltene Diät mit und ohne Gluten als solche korrekt zu identifizieren.

Ein anderer Verdächtiger sind die ATIs (α-Amylase-Trypsin-Inhibitoren), die in neueren Getreidezüchtungen vermehrt nachweisbar sind. Diese ATIs aktivieren Monozyten und Makrophagen und stimulieren das Immunsystem, wobei vermehrt proinflammatorische Zytokine freigesetzt werden. Bei Patienten mit Weizensensitivität findet sich in der Tat eine systemische Immunaktivierung und Epithelschädigung an der Darmschleimhaut. „Die Brücke zwischen Gluten und ATIs ergibt sich daraus, dass glutenhaltige Lebensmittel den höchsten Gehalt an ATIs haben“, so Zopf.

Weniger restriktive Diät

Ist bei einem Patienten die Diagnose „Weizensensitivität“ gestellt, empfiehlt sich zunächst über 6 bis 8 Wochen eine glutenfreie Ernährung. Danach sollte die Glutenzufuhr nach der individuellen Toleranzschwelle erfolgen. „Grundsätzlich kann und sollte die Diät weniger strikt sein als bei der Zöliakie“, so Zopf.