_ Gerade erst hat eine kanadische Studie gezeigt, dass Demenzpatienten kurz vor dem Tod noch zahlreiche Arzneimittel einnehmen — auch solche zur Langzeitprävention (MMW 12/2017, S. 32). Schwedische Forscher wollten nun wissen, wie es in der Gesamtbevölkerung aussieht. Dafür entnahmen sie den schwedischen Sterberegistern der Jahre 2007–2013 alle 511.843 Todesfälle von Personen über 65 Jahren und verknüpften sie mit den Arzneimittelverordnungen in den letzten 12 Monaten vor dem Tod. Das mittlere Sterbealter betrug 84 Jahre. Jeder Dritte lebte in einem Heim.

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Muss er wirklich noch zehn Medikamente nehmen?

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Die Analyse zeigte, dass ein Jahr vor dem Tod 30,3% der Senioren zehn oder mehr Medikamente erhielten. Die Rate stieg bis zum Tod auf 47,2%. Die häufigsten verordneten Mittel im letzten Lebensjahr bzw. -monat waren Antithrombotika (52,5% bzw. 53,8%), Diuretika (47,1% bzw. 53,1%), Analgetika (40,2% bzw. 60,8%), Psycholeptika (39,5% bzw. 51,2%) und Betablocker (39,4% bzw. 41,1%). Häufig wurden auch ACE-Hemmer (21,6%), AT1-Rezeptorblocker (10,8%), Kalziumantagonisten (17,8%) und Statine (18,2%) verordnet.

KOMMENTAR

Diese Polypharmazie am Lebensende birgt v. a. zwei Probleme. Zum einen behindern die altersbedingten renalen und hepatischen Funktionseinschränkungen Abbau und Ausscheidung der Medikamente, sodass die Gefahr von Überdosierungen, Nebenwirkungen und Interaktionen steigt. Zum anderen stellt sich die Frage, ob angesichts der begrenzten Lebenserwartung eine präventive Therapie überhaupt noch einen Nutzen bringen kann. Dies darf man bei Lipidsenkern und Antihypertensiva bezweifeln. Auch die Notwendigkeit und Wirksamkeit symptomatischer Therapien, z. B. mit Analgetika, Anxiolytika, Sedativa oder Diuretika sollte regelmäßig überprüft werden. Die Leitlinien sollten nicht nur zum Beginn, sondern auch zur Beendigung einer medikamentösen Therapie im Alter Aussagen machen.