_ Dr. Carsten Schnieder hat die Not früh kommen sehen. „Ich musste doch nicht ohne Grund 14 Stunden am Tag arbeiten“, sagt der Hausarzt aus dem Eifelstädtchen Daun. Natürlich hätte auch er es sich leicht machen und ein Schild aufhängen können: „Unsere Praxis ist voll“. Lieber war ihm allerdings eine Lösung im Sinne seiner Patienten.

Die Prognosen für die medizinische Versorgung in der Eifel sind düster, die KV Rheinland-Pfalz spricht von einem „Tsunami“ der Unterversorgung in den dünn besiedelten Landstrichen. Daun gilt zwar noch nicht als unterversorgt, aber Schnieder rechnet bald damit. Mit seiner Frau und Praxispartnerin Dr. Ina Schnieder hat er deshalb das „Hausärztliche Versorgungszentrum Daun“ aufgebaut. „Viele haben anfangs nur den Kopf geschüttelt, weil sie sich das nicht vorstellen konnten. Wir haben viel Geld und Nerven investiert. Jetzt funktioniert es.“ Mittlerweile arbeiten sieben Ärzte als Angestellte mit definiertem Stundenbudget in der Praxis.

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Hausärzte in Daun: Dr. Carsten Schnieder, Brigitte Müller-Jani-pour, Birgit Bender, Dr. Ina Schnieder und Dr. Heinz-Josef Weis.

© L. Schumacher

Erfahrener Kollege steigt ein

Die Gemeinschaftspraxis von Dr. Heinz-Josef Weis in Daun, der eigentlich bald in den Ruhestand gegangen wäre, hat ihren Sitz kürzlich zu Schnieder verlegt. Nun kann Weis sein Stundenbudget beliebig zurückfahren — in dem Wissen, dass seine Patienten und seine Mitarbeiter gut untergebracht sind. Außerdem wurden zwei volle Arztstellen geschaffen, die das Land mit jeweils 15.000 Euro fördert. Dafür musste die Praxis für 30.000 Euro neue Geräte anschaffen, und die Ärzte müssen fünf Jahre lang bleiben.

„In der jetzigen Konstellation mit 6,5 vollen Arztstellen, verteilt auf neun Kollegen, schaffen wir bis zu 6.000 Patienten pro Quartal“, berichtet Schnieder. Bei der Betreuung chronisch kranker, dementer oder multimorbider Patienten unterstützen vier nicht-ärztliche Praxisassistentinnen (NäPA) die Ärzte. „Wir müssen dadurch über unsere normalen Besuchsrunden hinaus deutlich weniger Zeit im Auto verbringen“, sagt Schnieder. Trotzdem fallen im Hausärztlichen Versorgungszentrum immer noch 750 zeitintensive Hausbesuche im Quartal an. nur so lassen sich auch alle Menschen in abgelegenen Orten versorgen.

Der Dauner Hausarzt hat verstanden, dass junge Ärzte heute deutlich mehr auf ihre Work-Life-Balance achten und gern zu planbaren Zeiten tätig sein wollen. Gerade konnte die Praxis wieder eine Mitarbeiterin aus der Stadt gewinnen: Birgit Bender, 45, ist Internistin, Kardiologin und Fachärztin für physikalische und Reha-Medizin. Sie übernimmt 30 Wochenstunden und bringt Erfahrungen in Psychiatrie sowie Notfallmedizin mit. Die Bonnerin hatte zuvor in den Bereitschaftsdienstzentralen der Niedergelassenen in Gerolstein und Daun gearbeitet und die Eifel lieben gelernt.

Mit ihrem Engagement konnten Ina und Carsten Schnieder dem von der KV heraufbeschworenen „Tsunami“ schon teilweise trotzen. Und sie lassen nicht locker, bevor das Projekt auch zukunftssicher ist. Deshalb haben sie jetzt die dreijährige Weiterbildungsberechtigung für junge Mediziner erworben.