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Prof. Dr. med. H. S. Füeßl Privatpraxis für Integrative Innere Medizin, München

_ Immer mehr Menschen verbringen ihren Arbeitsalltag fast ausschließlich sitzend. Gleichzeitig wird Fernsehen oft als liebste Freizeitbeschäftigung genannt. In einem systematischen Review wurden nun 16 große prospektive Kohortenstudien ausgewertet, die den Zusammenhang zwischen täglicher Sitz- bzw. Fernsehzeit und körperlicher Aktivität mit der Gesamtmortalität wegen kardiovaskulärer Erkrankungen sowie Mamma- und kolorektaler Karzinome untersuchten. Insgesamt wurden mehr als eine Million Personen zwischen 2 und 18,1 Jahre lang untersucht. 84.609 von ihnen verstarben.

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Mit dem Rad zur Arbeit — unbedingt!

Im Vergleich zur Quartile mit der geringsten Sitzdauer (< 4 h/d) und der höchsten körperlichen Aktivität (> 35,5 h/Woche, umgerechnet in ein metabolisches Äquivalent [MET]) lagen die Mortalitätsraten in den beiden Quartilen der niedrigsten Aktivität und der längsten täglichen Sitzzeit von > 8 h/d zwischen 12% und 59% höher. Interessanterweise konnten die negativen Effekte einer derart langen Sitzdauer durch hohe körperliche Aktivität vollständig kompensiert werden. Hingegen konnten kurze Sitzzeiten die ungünstigen Effekte von Bewegungsmangel nicht aufheben.

Sechs Studien mit zusammen über 460.000 Probanden und 43.740 Todesfällen beschäftigen sich zusätzlich mit dem Effekt des Fernsehens. Eine tägliche Fernsehzeit ab drei Stunden war unabhängig von der körperlichen Aktivität mit einer erhöhten Mortalität assoziiert. Ausgenommen waren Personen in der höchsten Quartile körperlicher Aktivität, für die erst ein täglicher TV-Konsum ab fünf Stunden mit einem geringen Mortalitätsanstieg einherging.

KOMMENTAR

35,5 MET-h pro Woche bedeuten eine körperliche Belastung von täglich 60–75 Minuten bei etwa 70% der maximalen Leistungsfähigkeit. Damit ließen sich die ungünstigen Auswirkungen eines langen Bürotags vollständig kompensieren — aber nur die wenigsten werden diesen Wert erreichen. Warum sich das Sitzen (oder Liegen?) vor dem Fernseher noch ungünstiger auswirkt als das Sitzen im Büro, lässt viele Spekulationen zu. Wird beim Fernsehen zusätzlich geknabbert, geraucht und Alkohol getrunken? Verfallen viele vor der Mattscheibe geradezu in eine körperliche Starre? Sind Vielfernseher schlechter gebildet sowie genetisch und epigenetisch vorbelastet? Wie dem auch sei, die Daten sind valide genug, um die Bedeutung körperlicher Aktivität von Kindesbeinen an in die Köpfe einzupflanzen.