_ Dass unspezifische Rückenschmerzen etwas mit Psychologie zu tun haben, gilt als unbestritten. „Dabei spielen viele Dinge hinein, nämlich Aufmerksamkeit, Somatisierung, Krankheitsbewältigung, habituelle Eigenschaften, also Persönlichkeitsmerkmale, Lernen, Trauma, Konflikte, Angst und Depression“, so Dr. Michael Pfingsten, Göttingen. Dies alles habe Einfluss auf das Risiko einer Chronifizierung.

Bei der Diagnostik dürfe nicht nur der Schmerz im Fokus stehen. Vielmehr müsse der Arzt nachforschen, was von den Lebenserfahrungen, der derzeitigen Lebenskonstellation und den habituellen Eigenschaften mit dafür verantwortlich sein könnte, dass die Schmerzen nicht verschwinden. Diese Zusammenhänge müssen auch bei der Therapie berücksichtigt werden. „Denken, Verhalten und Erleben gilt es zu verändern“, so Pfingsten.

Je tiefer der Schmerz in das Leben integriert ist, desto schwieriger ist es, ihn daraus wieder zu verdrängen. Ein wichtiger Chronifizierungsfaktor ist Depressivität. Hier besteht eine hohe Komorbiditätsrate. „Ähnliche Transmitter und ähnliche zentralnervöse Vorgänge werden sowohl bei der Modulation der Schmerzwahrnehmung als auch bei der Depression beobachtet“, so Pfingsten. Deshalb müsse die antidepressive Therapie Bestandteil der Schmerzbehandlung sein. Besonders hoch ist das Chronifizierungsrisiko auch dann, wenn eine Kausal-Attribution besteht, also der Patient einen „Schuldigen“ für seine Schmerzen ausgemacht hat. Der Blick zurück im Zorn steht dann der Schmerzbefreiung im Weg.