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Pneumonie im rechten Unterlappen.

© CNRI / Science Photo Library

_ Lungeninfekte sind in vielen Fällen viral bedingt, sodass der Patient nicht von einem Antibiotikum profitiert, betonte Prof. Michael Tamm, Universitätsspital Basel. Angesichts der Tatsache, dass jedoch 75% aller Antibiotikaverordnungen wegen respiratorischer Infekte erfolgen, dürfte hier gelten: „Weniger ist mehr.“

Kein Antibiotikum bei akuter Bronchitis

Ein Beispiel ist die akute Bronchitis. In der großen Mehrzahl der Fälle wird sie durch Viren verursacht. „Die Gabe eines Antibiotikums ist daher nicht erforderlich“, so Tamm. In einer Studie habe eine Therapie mit Azithromycin bei akuter Bronchitis das Outcome nicht verbessert. Zu den Kriterien, die in der Hausarztpraxis zur Verordnung eines Antibiotikums führen, gehören der Auskultationsbefund, Fieber, verfärbtes Sputum, Atemnot, Alter des Patienten und Komorbiditäten, also ein schlechter Allgemeinzustand. „Dies sind jedoch unzuverlässige Indikatoren“, meinte Tamm. Indiziert sei ein Antibiotikum bei Infektionen des unteren Respirationstrakts immer dann, wenn der Verdacht auf eine Pneumonie besteht oder eine solche gesichert ist, bei schwerer COPD-Exazerbation, bei über 75-Jährigen mit Fieber, bei Herzinsuffizienz, bei einem insulinabhängigen Diabetes oder einer schweren neurologischen Erkrankung.

Wann Röntgen-Thorax?

Für den Nachweis oder Ausschluss einer Pneumonie ist die Bildgebung unverzichtbar. Eine Röntgen-Thoraxaufnahme ist indiziert, wenn ein Patient hustet und mindestens ein weiteres Symptom wie Atemnot, Tachypnoe, Tachykardie oder Fieber länger als vier Tage vorliegt. „Allerdings lässt sich mit dem Röntgen eine Pneumonie weder mit letzter Sicherheit nachweisen noch ausschließen“, betonte Tamm. Die Sensitivität und Spezifität der Computertomografie sei deutlich besser, sodass in Zweifelsfällen primär oder zusätzlich ein CT gemacht werden sollte.

Eine wichtige diagnostische Aussagekraft haben auch die Entzündungsparameter CRP und Procalcitonin. Die Frage ist nur, wo man den Cut-off festlegt. „Bei einem CRP-Wert von über 100 mg/l liegt die Spezifität für eine Pneumonie bei 91%“, so Tamm. Bei niedrigeren Cut-offs sei die Sensitivität höher, aber die Spezifität niedriger. Ein Wert < 20 mg/l mache eine Pneumonie höchst unwahrscheinlich, ein Wert > 100 mg/l höchst wahrscheinlich. Das Procalcitonin biete keinen wesentlichen Vorteil. Hier sei ein Wert > 0,25 ng/l mehr oder weniger beweisend für eine Pneumonie, die einer antibiotischen Behandlung bedarf, ein Wert < 0.1 ng/l schließe sie weitgehend aus. Bei Nachweis von Infiltrationen und einem entsprechendem Anstieg der Entzündungsparameter besteht die Indikation für ein Antibiotikum. Problematisch sind Patienten ohne Infiltrationen mit einem CRP-Wert 50–100 mg/l oder einem Procalcitonin-Wert 0,1–0,25 ng/l. „Hier muss man im Einzelfall entscheiden und wird bei Risikopatienten liberaler sein“, so Tamm.

Welche Substanz?

Die häufigsten bakteriellen Erreger einer ambulant erworbenen Pneumonie sind Streptococcus pneumoniae, Mycoplasma pneumoniae, Haemophilus influenzae und Chlamydophila pneumoniae. Bei jüngeren Patienten ohne Grunderkrankung kann ein Makrolid eingesetzt werden, Alternativen sind Beta-Laktam-Antibiotika, Doxycyclin oder Chinolone. Bei älteren Patienten ohne Grundleiden sind Beta-Laktam-Antibiotika die erste Wahl. Bei Vorliegen von Grunderkrankungen oder bei V. a. eine Legionellose sollte eine Kombination mit einem Makrolid eingesetzt werden.