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_ 90% der influenzabedingten Todesfälle betreffen ältere Menschen. Weil ihre Immunabwehr nachlässt, sind sie anfälliger für Infektionen mit Influenzaviren und für schwere Krankheitsverläufe. Die Immunseneszenz ist auch der Grund dafür, dass die Grippeimpfung bei ihnen nicht mehr so gut anschlägt wie bei Jüngeren. Statt einer Schutzrate von 70–90% wird nur eine Quote von 30–40% erreicht, wie Janet McElhaney (Universität Sudbury) berichtete. „Vor allem Influenza-A/H3N2-Viren sind für alte Menschen gefährlich“, so die Ärztin. Gegen A/H1N1-Viren falle die Immunantwort robuster aus; vermutlich weil sie mit diesem Virusstamm schon in der Kindheit Bekanntschaft gemacht haben. „H1N1 ist die Krankheit der Jungen“, so McElhaney.

Die Prognose Älterer hängt allerdings weniger von den Lebensjahren als von den damit verbundenen Komorbiditäten ab. „Ein früherer Krankenhausaufenthalt wegen einer Pneumonie wird als Risikofaktor für Pneumonie oder Tod durch eine Influenza höher bewertet als ein Alter von 90 Jahren.“ Besser als das Alter allein ist laut McElhaney der Frailty Index geeignet, um die Prognose von älteren Influenzakranken abzuschätzen.

Die hohe Komplikationsrate bei Älteren liegt auch daran, dass die Erkrankung unterdiagnostiziert ist. Im Alter sind atypische Verläufe häufiger: „Die Patienten haben öfter nur lokale Symptome und kein Fieber“. Das führe dazu, dass die Gelegenheit einer frühen antiviralen Therapie versäumt werde. Durch den Beginn einer virostatischen Behandlung an Tag 1 bis 2 kann laut einer retrospektiven Studie das Risiko für ARDS (Acute Respiratory Distress Syndrome) und Tod gesenkt werden.

McElhaney ist eine „100%ige Befürworterin“ der alljährlichen Impfung. „Es gibt sogar Daten, dass nach wiederholten Impfungen ein besserer Schutz besteht als nach der erstmaligen Impfung“. Wenn es die epidemiologische Situation erlaubt, sei in Europa eine Impfung erst im Oktober/November möglicherweise günstiger als im September, weil dann auch im März noch genügend Antikörper produziert würden. Zweimal pro Saison den Impfstoff zu geben, ist der Expertin zufolge aber keine gute Idee. Die zellvermittelte Immunantwort werde dadurch möglicherweise sogar unterdrückt.