Gigantische Dauererektionen, sexuelle Enthemmung und Schmerzunempfindlichkeit: Aufgrund solcher Wirkungen ist Crystal Meth mittlerweile der Renner auf Schwulen-Partys. Der Infektiologe und Suchtmediziner Dr. Jörg Gölz, Berlin, erklärt, was die Droge gerade in der homosexuellen Szene so gefährlich macht.
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_ Die Slamming-Party ist für die schwule Community wie die Pilgerreise nach Rom für strenggläubige Katholiken: ein Ereignis, das man mitgemacht haben muss. Den gigantischen Kick („Slamming“ kommt von engl. „to slam“ = knallen und „slammin“ = voll krass) verschafft in diesem Fall Crystal Meth: Intravenös gespritzt löst die Modedroge in Sekundenschnelle eine extreme Freisetzung von Dopamin und Noradrenalin aus. So etwas geschieht sonst nur bei einem außergewöhnlich freudigen Ereignis, nach der bestandenen Abiturprüfung, bei der Geburt eines Kindes oder für manche auch beim Anblick eines Popstars oder des Kirchenoberhaupts.
Die ganze Nacht lang geil
Dem Berliner Suchtmediziner Dr. Jörg Gölz zufolge ist dieses starke Erlebnis der Hauptgrund, warum sich die schwulen „Romeos“ später so schwer wieder von Crystal Meth loseisen können. Dabei kommen die pharmakologischen Eigenschaften der Droge den Bedürfnissen der Partygäste sehr entgegen: Crystal steigert Libido und Potenz und ermöglicht eine retardierte Ejakulation. Man kann also, so Gölz, „die ganze Nacht durchmachen, bleibt ununterbrochen geil“. Gleichzeitig senkt die Substanz die Schmerzschwelle und wirkt enthemmend. Der User traut sich plötzlich, auch verpönte sexuelle Fantasien auszuleben. Mit Techniken wie dem Fisting (Einführen der Faust ins Rektum und Rütteln bis zum Orgasmus) oder mit Hilfsmitteln wie Noppen oder Spitzen auf dem Kondom lasse sich, so Gölz, „sehr viel mehr an Reiz herstellen als beim durchschnittlichen heterosexuellen Verkehr gewünscht wird“.
Durch die damit verbundene Verletzungsgefahr, so der Infektiologe, steige auch das Risiko, sich mit sexuell übertragbaren Erkrankungen (STI), u.a. Hepatitis C, zu infizieren. Begünstigt werde dies durch die Tatsache, dass die Darmschleimhaut aufgrund der Crystal-Wirkung extrem austrocknet und Kondome unter diesen Bedingungen leicht reißen.
Gölz riet, in jedem Fall Gleitgel zu benutzen, Dildos, Handschuhe und Kondome nach jedem Gebrauch zu wechseln bzw. sorgfältig zu desinfizieren und vor allem für die Injektion von Crystal Meth ein eigenes Spritzbesteck zu verwenden. Hierfür sei destilliertes Wasser zu verwenden und in keinem Fall, wie mitunter praktiziert, Toilettenwasser.
Vor einem Entzug sei es wichtig, die Betroffenen auf die bevorstehende „monatelange Anhedonie“ hinzuweisen. Der komplette Verlust des sexuellen Verlangens sei oft der Grund, warum eine Langzeittherapie abgebrochen werde.
Literatur
17. Interdisziplinärer Kongress für Suchtmedizin, 30. Juni bis 2. Juli 2016 in München
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Oberhofer, E. „Nie wieder langweiligen Sex“. MMW - Fortschritte der Medizin 158, 16 (2016). https://doi.org/10.1007/s15006-016-8749-0
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