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Erste Anlaufstelle bei Angst- und Panikstörungen ist meist der Hausarzt. Für ihn sind diese Patienten allerdings häufig eine Herausforderung. In der Jena-PARADIES* Studie wurde ein verhaltenstherapeutisches Kurzprogramm zur hausärztlichen Behandlung von Panikstörung und Agoraphobie untersucht. Zu den Ergebnissen befragten wir den Studienleiter Prof. Jochen Gensichen und den Psychologen Thomas Hiller.
MMW: Was sind die wesentlichen Ergebnisse der Jena-PARADIES Studie?
Gensichen: Das verhaltenstherapeutische Kurzprogramm führte zu stärkeren Verbesserungen der Angstsymptomatik als die hausärztliche Standardtherapie. Gleichzeitig wurden bei Patienten mit Depression die Symptome gelindert und auch die große Problematik der Vermeidung konnte verbessert werden.
Hiller: Ein Drittel der Patienten kamen durch die PARADIES-Behandlung in Remission. In der Kontrollgruppe, die nach dem derzeitigen Standard behandelt wurde, waren es nur 16%. Zudem erlebten die Patienten der PARADIES-Gruppe 30 angstfreie Tage mehr im Jahr als die Teilnehmer der Standardgruppe.
MMW: Was unterscheidet das Kurzprogramm von der Standardtherapie?
Gensichen: Bei der Standardtherapie wird von Hausärzten oft eine Diagnostik durchgeführt, die nicht ausreicht. Dann folgen einfache Maßnahmen der Gesprächsführung und Pharmakotherapie, leider auch immer wieder Benzodiazepine.
Für das Kurzprogramm haben wir die Ärzte zu einem systematischeren Vorgehen geschult:
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Zunächst findet ein strukturiertes Gespräch mithilfe eines standardisierten Fragebogens statt.
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Dann, nach der Psychoedukation, wird der Patient in der Praxis in Körperübungen eingeführt, mit denen er lernen soll, dass Körpersensationen wie Herzrasen, Schwindel und Schwitzen, die er während einer Panikattacke wahrnimmt, Vorgänge sind, die kommen und gehen und ihn nicht umbringen (Bsp. s. Kasten re.). Den sicheren Umgang mit diesen Symptomen entwickelt er, indem er die Übungen zu Hause wiederholt.
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Im dritten Schritt wird mit dem Patienten erarbeitet, in welchen Situationen die Körperzeichen auftreten, und er geht dann gezielt in die Situationen hinein. Dabei lernt der Betroffene, dass er die Körpersensationen auch in dieser speziellen Situation unbeschadet überstehen kann. Außerhalb der Praxis werden die Übungen von einer medizinischen Fachangestellten begleitet, die telefonisch nachfragt, ob die Übungen gemacht wurden und ob Probleme dabei aufgetreten sind.
MMW: Können auch psychotherapeutisch weniger erfahrene Hausärzte mit dem PARADIES-Manual arbeiten?
Gensichen: Ja, ich würde aber jedem Arzt empfehlen, nicht nur das Buch zu lesen und Anweisungen zu geben, sondern die Übungen selbst auszuprobieren. Interessierte Kollegen, die das Manual zur privaten Nutzung haben und nach dieser Methode mit ihren Patienten arbeiten möchten, können sich gerne per E-Mail** an uns wenden. In erster Linie ist es uns aber natürlich wichtig, dass die Krankenkassen diese Evidenz aufgreifen und in ihre Versorgungsprogramme aufnehmen. Denn die PARADIES-Studie ist eine randomisierte kontrollierte Studie, weshalb wir damit eine sehr sichere Empfehlung geben können.
Interview: Dr. Christine Starostzik
* PARADIES: Patient Activation foR Anxiety DIsordErS
** jochen.gensichen@med.uni-jena.de
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Springer Medizin. Kein Grund zur Panik. MMW - Fortschritte der Medizin 158, 19 (2016). https://doi.org/10.1007/s15006-016-8550-0
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