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Rötlich-braune Papeln, Plaques und Blasen an Ober- und Unterschenkeln eines Säuglings.

© T. Jansen

_ Besorgte Eltern erschienen mit ihrem vier Wochen alten, weiblichen Säugling in der Sprechstunde. Das Kind war nach komplikationsloser Schwangerschaft in der 39. Schwangerschaftswoche zur Welt gekommen. Seit dem 2. Lebenstag bestanden eigenartige Hautveränderungen ohne Begleitsymptome, darunter auch Blasen. Die Eltern waren kroatischer Abstammung und miteinander nicht blutsverwandt. In der Familie waren keine vergleichbaren Veränderungen bekannt.

Bei der klinischen Untersuchung fanden sich am Abdomen sowie am Ober- und Unterschenkel beidseits teils gruppierte, teils linear angeordnete rötlich-braune Papeln und Plaques (Abb.). Das restliche Integument einschließlich der Hautanhangsgebilde und der sichtbaren Schleimhäute wies keinen pathologischen Befund aus. Das Kind war in gutem Allgemeinzustand.

Die Diagnose lautete Incontinentia pigmenti, nach den Erstbeschreibern auch als Bloch-Sulzberger-Syndrom bezeichnet. In der Datenbank Online Mendelian Inheritance in Man (www.omim.org ) ist es unter der Nr. 308300 zu finden. Es handelt sich um eine seltene, monogene, X-chromosomal-dominant vererbte Erkrankung mit veränderter Hautpigmentierung. Auch das Nervensystem, die Augen und die Zähne sind typischerweise beteiligt. Die betroffenen Gewebe und Organe sind mesodermalen und ektodermalen Ursprungs. Verantwortlich sind Mutationen im NF-κB Essential Modulator (NEMO)-Gen (Genlokus Xq28), das für eine wichtige Komponente im Signalweg des Nuclear Factor Kappa B (NF-κB) kodiert. Die Erkrankung tritt fast ausschließlich beim weiblichen Geschlecht auf, da sie intrauterin für männliche Feten letal verläuft (Ausnahme: Klinefelter-Syndrom).

Die charakteristischen, den Blaschko-Linien folgenden Hautveränderungen sind meist schon bei der Geburt vorhanden oder entwickeln sich im Säuglingsalter, wobei sich vier Stadien unterscheiden lassen. Mehr als die Hälfte der beschriebenen Fälle haben Haut-, Haar-, Nagel- und Zahnanomalien, Krampfanfälle, Entwicklungsverzögerung, mentale Retardierung, Ataxie, spastische Paresen, Mikrozephalie, Hirnatrophie, Hypoplasie des Corpus callosum oder periventrikuläres Hirnödem. Eine kausale Therapie gibt es nicht. Die Hautveränderungen heilen spontan ab, wobei Hyperpigmentierungen und ein Übergang in Hypopigmentierungen jahrelang persistieren. Essenziell ist die fachübergreifende Abklärung von möglichen assoziierten Fehlbildungen und Störungen.