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Prof. Dr. med. H. S. Füeßl Privatpraxis für Integrative Innere Medizin, München

Eine 29-jährige Frau kam wegen starker Schmerzen im rechten Bein und Parästhesien in die Nothilfe. Regelmäßige Rückenschmerzen begleiteten sie bereits seit einem Volleyballspiel vor einigen Jahren. Die aktuellen Symptome waren erstmals sechs Monate zuvor aufgetreten — ohne auslösendes Ereignis. Es bestanden keine Hinweise für eine Blasen- oder Mastdarmentleerungsstörung. Auf dem MRT der Lendenwirbelsäule stellte sich ein Bandscheibenvorfall mit erheblicher Spinalstenose und eine Nervenwurzelkompression dar (Abb. A). Die Patientin entschied sich für eine konservative Behandlung mit physikalischer Therapie und epiduralen Steroidinjektionen. Die Symptomatik bildete sich innerhalb einiger Wochen zurück. Ein zweites MRT fünf Monaten später zeigte eine vollständige Rückbildung des Bandscheibenvorfalls (Abb. B).

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A: Bandscheibenvorfall mit erheblicher Spinalstenose und Nervenwurzelkompression im MRT (Pfeil). B: Vollständige Rückbildung nach fünf Monaten.

© N Engl J Med. 2016;374:1564

Bandscheibenvorfälle haben einen nicht vorhersehbaren natürlichen Verlauf. Klinische Studien zeigen, dass Patienten unter konservativer Therapie nicht schlechter abschneiden als nach Operationen. Das Risiko, ohne Operation bleibende neurologische Schäden davon zu tragen, ist minimal und sicher geringer, als während der Operation eine Komplikation zu erleiden oder keine Besserung der Beschwerden zu erfahren. Angesichts der fast 190.000 Bandscheiben-Operationen in Deutschland mit einer Verdopplung zwischen 2005 und 2010 (2003 wurde das DRG-System eingeführt) macht einen dieser Einzelfallbericht schon nachdenklich.