? Dr. Henning Fischer: Vielen Dank für die interessanten Beiträge zum Thema Helicobacter (H.) pylori in der MMW 9/2016. Dazu eine Frage: Immer wieder kommen Patienten mit einer vom Hautarzt veranlassten positiven Titerbestimmung gegen H. pylori zu mir. Der Hautarzt hat sie wohl wegen einer unklaren Dermatose durchgeführt und schickt die Patienten dann zur weiteren Diagnostik und Therapie zum Hausarzt. Wenn die Bakterien nicht eradiziert werden, kann die Dermatose natürlich auch nicht ausheilen. Wie sollte man sich in solchen Fällen verhalten — insbesondere wenn die Patienten keine Säurebeschwerden haben?
! MMW-Experte Stiefelhagen: Bei bestimmten chronischen Hauterkrankungen, insbesondere bei der chronischen Urtikaria, wird ein kausaler Zusammenhang mit einer H.-pylori-Infektion diskutiert. Auch wenn die Datenlage zu schwach ist, um sicher sagen zu können, dass eine Eradikation zu einer Besserung führt, sollte man diese Chance dennoch nutzen.
Zum Nachweis von H. pylori empfiehlt sich der Atemtest. Eine Indikation für eine Gastroskopie sehe ich nicht, solange keine Magenbeschwerden angegeben werden. Die Bestimmung der Antikörper zum Nachweis einer bestehenden H.-pylori-Infektion ist nicht sinnvoll, da sie nur aussagen, dass irgendwann einmal eine solche Infektion stattgefunden hat. Zum sicheren Nachweis einer weiterbestehenden Infektion sollte der Erreger mittels Biopsie oder Atemtest nachgewiesen werden.
! MMW-Experte Füeßl: Ein möglicher Zusammenhang zwischen der Infektion mit H. pylori und zahlreichen ätiologisch ungeklärten Hauterkrankungen wie Rosazea, Psoriasis, chronische Urtikaria, Alopecia areata, atopischer Dermatitis, Sweet-Syndrom und dem angioneurotischen Ödem wird seit mehr als 30 Jahren diskutiert. Die bisherigen Erkenntnisse beruhen auf anekdotischen Fallberichten und nicht kontrollierten Studien, die durch zwei kontrollierte Studien aus England und den USA nicht bestätigt werden konnten.
Die biologische Plausibilität für einen Zusammenhang ist gering und teils schwer nachzuweisen. Die Rosazea z. B. wird mit Antibiotika behandelt, die durchaus auch zur Eradikation von H. pylori geeignet sind. Im Rahmen einer Therapiestudie ist es also kaum möglich, den Einfluss der Bakterien auf die Erkrankung zu untersuchen.
Da die Therapiemöglichkeiten z. B. bei chronischer Urtikaria sehr eingeschränkt sind, gleichzeitig die Eradikation von H. pylori — bei positivem Atemtest, sofern keine Magenbeschwerden vorliegen —, ein Therapieverfahren mit geringem Risiko darstellt, könnte man einen Behandlungsversuch selbst bei geringer Erfolgsaussicht durchaus rechtfertigen. Diese Aussichten dürften auch Hautärzten sehr wohl bekannt sein. Bei der von Ihnen geschilderten Konstellation spielen wahrscheinlich der (genervt-verzweifelte) Griff nach dem Strohhalm und die Verlagerung der Verantwortung auf ein anderes Fachgebiet mit eine Rolle.
Author information
Consortia
Rights and permissions
About this article
Cite this article
Springer Medizin. Kann ein H.-pylori-Befall auf die Haut schlagen?. MMW - Fortschritte der Medizin 158, 26 (2016). https://doi.org/10.1007/s15006-016-8419-2
Published:
Issue Date:
DOI: https://doi.org/10.1007/s15006-016-8419-2