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Prof. Dr. med. Matthias Graw Institut für Rechtsmedizin, Ludwig-Maximilians-Universität München

_ Die ärztliche Tätigkeit umfasst auch Aufgaben, die weit in den juristischen Bereich hineinzielen. Ein Beispiel hierfür ist die Leichenschau. Die Erwartungen an den Arzt sind, insbesondere bei der Tätigkeit im häuslichen Umfeld, groß. Zunächst wünschen sich die Angehörigen eine zügige Durchführung. Ein sorgfältiges Vorgehen mit Entkleiden der Leiche und der Forderung nach guten Licht- und Sichtverhältnisse kann ein gewisses Unverständnis seitens der Totensorgeberechtigten hervorrufen. Die Behörden erwarten für die nachfolgenden formalen Vorgänge möglichst eindeutige Angaben etwa zu Todesursachen und zur Todeszeit. In den Fällen, in den ein nicht-natürlicher Tod oder eine ungeklärte Todesart bescheinigt wird, erwarten die Ermittlungsbehörden eine kritische Prüfung und zeitnahe Information.

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Fehler bei der ärztlichen Leichenschau können als Ordnungswidrigkeit belangt werden.

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In diesem Spannungsfeld muss der Arzt auch häufig noch unter Zeitdruck arbeiten, da die Leichenschau nicht selten eine Aufgabe des Bereitschaftsdienstes ist. Um der verantwortungsvollen Tätigkeit entsprechend gerecht werden zu können, ist es notwendig, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu kennen. Dabei ist die Definition und Unterscheidung der Todesarten von besonderer Bedeutung. Anhand von Fallbeispielen werden im folgenden Artikel (ab S. 45) die Definitionen ausgeführt und erläutert.

Angesichts der juristischen Bedeutung der Leichenschau ist es nicht verwunderlich, dass Fehler bei der Durchführung als Ordnungswidrigkeit belangt werden können. Im Artikel von S. Gleich et al. werden typische Beispiele für vermeidbare Fehler benannt; im Vordergrund steht die Fehlklassifikation der Todesart. Wenn durch pflichtwidrige Bescheinigung eines natürlichen Todes eine zum Sterben des Patienten führende Straftat nicht verfolgt werden kann, könnte hierbei auch der Straftatbestand der Strafvereitelung gemäß § 258 Strafgesetzbuch (StGB) verwirklicht sein; in diesen Fällen ist die Strafandrohung deutlich höher als bei einer Ordnungswidrigkeit. Zu den entsprechenden strafrechtlichen Konsequenzen sei an den Artikel von T. Putschbach in der MMW 16/2014 (S. 44–46) erinnert.