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Dr. med. J. Zeeh Geriatrische Fachklinik Georgenhaus, Meiningen

_ Für eine Langzeitstudie untersuchten Forscher aus Frankreich in einer Zufallsstichprobe ca. 3.700 Probanden im Alter ≥ 65 Jahren in 2- bis 3-jährigen Abständen über insgesamt 25 Jahre hinweg. Sie testeten sie dabei auf geistige Leistungsfähigkeit, Depressivität, Alltagsselbstständigkeit und Sozialkontakte. Zu Studienbeginn Ende der 1980er-Jahre wurden die Probanden auch nach ihrem Gehör gefragt und in drei Gruppen klassifiziert: Keine (n = 2.394), leicht- bis mittelgradige (n = 1.139) und schwere (n = 137) Hörbeeinträchtigung. Ca. 8% der leicht- bis mittelgradig und 45% der hochgradig Schwerhörigen waren mit einem Hörgerät versorgt.

Mit diesem Studiendesign konnten die Auswirkungen von Schwerhörigkeiten auf die kognitiven Fähigkeiten der Probanden auch in Abhängigkeit vom Tragen eines Hörgeräts über einen langen Zeitraum untersucht werden.

Nach 25 Jahren erreichten die hörbeeinträchtigten Probanden schlechtere kognitive Testergebnisse – allerdings nur jene ohne Hörgerät. Mit Hörgerät verlief der kognitive Abbau nicht rascher als der von Normalhörenden. Die Geräte scheinen die Kognition positiv zu beeinflussen, da kommunikative Fähigkeiten verbessert, soziale Aktivitäten gefördert und depressive Verstimmungen verhindert werden.

Die Autoren schließen, dass Schwerhörigkeit mit einem beschleunigten geistigen Abbau einhergeht und dass das Tragen von Hörgeräten diese Beschleunigung zurücknehmen kann.

KOMMENTAR

Diese Studie ist wegen ihrer Größe und ihrer langen Beobachtungsdauer bemerkenswert. Erstmals wird hier gezeigt, dass der Gebrauch von Hörgeräten den bei Hörgeschädigten zu beobachtenden rascheren kognitiven Abbau verlangsamen kann. Eine subtile statistische Analyse legt nahe, dass dieser positive Effekt dadurch zustande kommt, dass Depressivität und soziale Isolation bei Hörgeräteträgern seltener sind.

Die Untersuchung war als Beobachtungsstudie angelegt und hatte kein randomisiertes, kontrolliertes Studiendesign. So ist sie zwar letztlich nicht beweisend dafür, kann aber trotzdem als starker Hinweis darauf angesehen werden, dass der alterungsbedingte kognitive Verfall bei Hörgeschädigten rascher verläuft – und man sich mit Hörgeräten davor schützen kann.