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Prof. Dr. med. H. S. Füeßl Privatpraxis für Integrative Innere Medizin, München

_ Etwa 25% der Antibiotikaverordnungen in der allgemeinärztlichen Praxis beziehen sich auf unkomplizierte Harnwegsinfekte, obwohl die meisten Fälle selbstlimitierend sind. Die breite und oft zu lange Anwendung von Antibiotika fördert Resistenzen, lässt unerwünschte Arzneiwirkungen in den Vordergrund treten und steigert die Kosten.

Frauen zwischen 18 und 65 Jahren mit typischen Symptomen eines Harnwegsinfekts und ohne Risikofaktoren oder Komplikationen erhielten in 42 deutschen Allgemeinarztpraxen randomisiert und placebokontrolliert entweder einmalig 3 g Fosfomycin oder 3 × 400 mg Ibuprofen über drei Tage hinweg. Bei anhaltender, sich verschlechternder oder wiederkehrender Symptomatik konnte zusätzlich antibiotisch behandelt werden. Primärer Endpunkt war die Zahl aller antibiotischen Behandlungen an den Tagen 0–28 und der Schweregrad der Symptome an den Tagen 0–7. Der Symptomen-Score schloss Dysurie, Häufigkeit und Stärke des Harndrangs und Unterbauchschmerzen ein.

In der Fosfomycin-Gruppe wurden 283 Personen antibiotisch behandelt, davon 243 wegen des Harnwegsinfekts. In der gleich großen Ibuprofen-Gruppe waren es nur 94, davon 81 wegen des Harnwegsinfekts. Insgesamt konnte der Antibiotikaverbrauch durch den primären Ibuprofen-Einsatz um 64,7% reduziert werden.

In beiden Gruppen ging der durchschnittliche Symptomen-Score von 6 Punkten am Tag 0 auf < 1 Punkt am Tag 7 zurück. Bei einer medianen Gesamtdauer von 5,6 Tagen benötigten die Frauen unter Ibuprofen allerdings einen Tag länger, bis sie beschwerdefrei waren. Fast erwartungsgemäß traten in der Ibuprofengruppe fünf Fälle von Pyelonephritis auf, in der Antibiotikagruppe dagegen nur einer. Kritiker werden hier einhaken, allerdings war die Power der Studie nicht groß genug, um einen diesbezüglichen Zusammenhang statistisch nachzuweisen.

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Die Therapiewahl hängt auch von der Symptomstärke ab.

© Samo Trebizan / iStock

KOMMENTAR

Die Ergebnisse lassen reichlich Raum für eine individuelle Entscheidung von Arzt und Patientin. Besteht der Wunsch nach einer möglichst raschen Symptomfreiheit, so wird man eher das Antibiotikum bevorzugen. Aspekte der durchaus gefahrlos möglichen Einsparung von Antibiotika zur Vermeidung von Resistenzen und Verringerung der Kosten müssen mit der Patientin besprochen werden und bei ihr Akzeptanz finden. Die Studie hat sicher das Verdienst, die Entscheidungsgrundlagen präzisiert zu haben. Letztlich wirken aber stets viele individuelle Umstände. Nach wie vor handelt es sich eher um eine Bauchentscheidung.