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Scharf begrenzte, dunkelbraun pigmentierte Plaque mit gering papillomatöser Oberfläche.

© T. Jansen

_ Ein achtjähriger, ansonsten gesunder Junge stellte sich in Begleitung seiner Eltern wegen eines ungewöhnlichen Pigmentmals am linken medialen Ober- und Unterlid in der Sprechstunde vor. Anamnestisch bestand die Veränderung seit Geburt. Die Eltern berichteten, dass sie im Laufe der Jahre langsam größer geworden sei. Es fand sich eine scharf, aber unregelmäßig begrenzte, homogen dunkelbraun pigmentierte Plaque mit gering papillomatöser Oberfläche. Die Lidkanten waren verdickt, das Zilienwachstum überschießend. Die Untersuchung des restlichen Integuments ergab keinen pathologischen Befund. Der übrige ophthalmologische Befund an beiden Augen war normal.

Die Diagnose lautete kongenitaler geteilter melanozytärer Nävus — auch als „kissing nevus“ bezeichnet. Derartige Nävi sind seltene melanozytäre Veränderungen der Augenlider, die sich hinsichtlich ihres biologischen Verhaltens und ihrer Morphologie nicht von üblichen Nävuszellnävi unterscheiden. Eine maligne Entartung wurde bisher nicht beobachtet. Die Manifestation an gegenüberliegenden Arealen von Ober- und Unterlid ist Ausdruck der Embryonalentwicklung. Die Augenlider fusionieren in der 9. Embryonalwoche. Die Anlage des Nävus erfolgt im Stadium der fusionierten Lider. Durch die spätere Trennung von Ober- und Unterlid in der 20. Embryonalwoche kommt es zur Teilung des Nävus. Daraus kann man ableiten, daß Nävi in dieser Lokalisation spätestens zu diesem Zeitpunkt vorhanden sein müssen.

Geteilte Nävi des Ober- und Unterlides können als kosmetisch störend empfunden werden und im Kindesalter bei entsprechender Größe auch die Gefahr der Entwicklung einer sekundären Amblyopie mit sich bringen. Eine vollständige oder partielle Exzision derartiger Nävi kann in funktioneller und ästhetischer Hinsicht zu einer Verbesserung führen. Ansonsten sind regelmäßige klinische Verlaufskontrollen sowie Lichtschutz zu empfehlen.