_ Wer häufiger ärztlichen Notdienst leistet, der kennt das: Wenn man eine Flüchtlingsunterkunft betritt, kommt man so schnell nicht wieder heraus. So wie neulich, als ich sonntags zu einem Notfallbesuch in eine Einrichtung gerufen wurde. Der Patient war ein kleines Mädchen in gutem Allgemeinzustand, das aber knapp 40°C Fieber hatte. Ich stellte die Diagnose eines hochfieberhaften grippalen Infekts.

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„Wo Sie gerade da sind, Doktor ...“

© Boris Roessler / dpa / picture alliance

Bevor ich auch nur meine Tasche schließen konnte, drängte sich bereits eine zweite Mutter mit einem Kind vor. Dieses war zwar aktuell fieberfrei, hatte aber nachts erhöhte Temperatur. Es war bereits in ambulanter kinderärztlicher Behandlung.

Als nächstes wurde ein drittes Kind vorgestellt, ebenfalls fieberfrei, mit leichtem grippalem Infekt.

Das vierte Kind hatte ebenfalls einen leichten grippalen Infekt mit subfebrilen Temperaturen.

Der fünfte Patient war ein adipöser, rauchender Mann, der wegen Kopfschmerzen eine RR-Messung einforderte. Es ergab sich ein Blutdruck von 120/80 mmHg.

Als sechstes kam nun ein Mann mit einer entzündlichen Darmerkrankung, der bereits multiple Operationen hinter sich hatte. Er wollte ein Attest für spezielle Kost und eine Einzeltoilette, was ich ihm leider nicht erfüllen konnte.

Der siebte Patient war wieder ein Kind mit grippalem Infekt.

Die achte Patientin hatte Halsschmerzen und Fieber. Diagnose: eitrige Tonsillitis.

Zwei weitere Patienten lehnte ich ab, da offensichtlich keine Notfälle vorlagen. Ich verwies auch auf andere wartende Notfallpatienten.

Bis auf die erste kleine Patientin hätten alle am nächsten Tag die umliegenden Allgemeinmediziner oder Kinderärzte aufsuchen können. Auf der anderen Seite ist es als Arzt sehr schwierig, Patienten ohne Untersuchung abzuweisen. Man könnte ja tatsächlich einmal etwas Wichtiges übersehen.