figure 1

Prof. Dr. med. H. S. Füeßl Privatpraxis für Integrative Innere Medizin, München

_ In der Folge der zunehmenden Lebenserwartung wird auch ein gewaltiger Anstieg der Demenz erwartet. Untersuchungen aus der jüngsten Zeit weisen aber darauf hin, dass die altersspezifische Inzidenz der Demenz in den hoch entwickelten Ländern zurückgeht. Derartige zeitliche Trends können erfahrungsgemäß am besten durch ein fortlaufendes Monitoring der Bevölkerung über lange Zeiträume hinweg unter Verwendung etablierter diagnostischer Kriterien erfasst werden.

Genau diese Voraussetzungen sind in der seit 1948 laufenden Framingham Heart Study gegeben. Seit 1975 wurde in das Untersuchungsprogramm auch eine Gruppe von 5.205 damals über 60 Jahre alte Personen aufgenommen. Diese Nachkommen der ursprünglichen Kohorte haben mittlerweile neun Untersuchungstermine im Abstand von vier Jahren hinter sich. Seit 1981 gehört auch eine Mini Mental State Examination (MMSE) zum Programm. Das alters- und geschlechtsadjustierte kumulative Fünfjahresrisiko für eine Demenz betrug — jeweils pro 100 Personen — in den Untersuchungsperioden:

  • späte 70er-, frühe 80er-Jahre: 3,6

  • späte 80er-, frühe 90er-Jahre: 2,8

  • späte 90er-, frühe Nullerjahre: 2,2

  • späte Nuller-, frühe 10er-Jahre: 2,0.

Im Vergleich zur Inzidenz während der ersten Untersuchungsperiode ging die Inzidenz in den späteren Perioden um 22%, 38% und 44% zurück. Diese Risikoverminderung wurde aber nur bei Personen beobachtet, die es in ihrer Bildungslaufbahn mindestens zu einem höheren Schulabschluss gebracht hatten. Ihr Risiko für eine Demenz war im Vergleich zu Personen mit niedrigerem Bildungsgrad um 23% geringer.

Mit Ausnahme von Adipositas und Diabetes gingen im Verlauf der Studie auch kardiovaskuläre Risikofaktoren für eine Demenz zurück, etwa Schlaganfall, Vorhofflimmern oder Herzinsuffizienz. Allerdings war keiner dieser Trends ausreichend ausgeprägt, um den Rückgang der Demenz-Inzidenz zu erklären.

KOMMENTAR

Die Ergebnisse der Untersuchung berechtigen zu einer gewissen Hoffnung, dass es mit der Demenz nicht so schlimm kommen wird wie befürchtet, da es offensichtlich Mittel zur Prävention gibt. Körperliche und geistige Aktivität scheinen sicher nicht zu schaden, vielleicht sogar erheblich zu nützen. Gleichzeitig zeigt die Untersuchung, wie wenig wir über die komplexen Einflüsse unserer Lebensweise auf die körperliche und geistige Gesundheit wissen. Selbst retrospektiv können wir nur spekulieren — von sicheren prospektiven Aussagen sind wir auf Populationsbasis weit entfernt.