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Prof. Dr. med. H. Holzgreve

Internist, Kardiologische Praxis, München

Wie sieht es mit der Herzgesundheit jenseits von 100 Jahren aus? In diesem Alter führen kardiovaskuläre Ursachen am häufigsten zum Tod. Trotzdem weiß man wenig über die anatomischen, physiologischen und pathophysiologischen Befunde. Untersucht wurde das Thema nun in einer Gruppe von 118 uralten Menschen in Spanien. 77% wohnten noch zu Hause, 90 waren Frauen, das mittlere Alter betrug 101,5 Jahre (Bereich 100–110 Jahre). Kardiovaskuläre Vorerkrankungen waren häufig (34% Herzinsuffizienz, 15% zerebrovaskuläre Erkrankungen, 13% Myokardinfarkt). Die Probanden fühlten sich überwiegend gesund, auch wenn nur 11% keinerlei Hilfe im Alltag benötigten.

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Ein pathologisches EKG hatten 74% der Alten, wobei allerdings auch harmlose Befunde mitgezählt wurden. Vorhofflimmern hatten 21%, eine linksventrikuläre Hypertrophie 8%. Pathologische EKG-Befunde waren häufiger bei Rauchern und bei Alkoholkonsum in der Vorgeschichte. Bei der Echokardiografie waren krankhafte Befunde zahlenmäßig hoch, aber pathophysiologisch meist unbedeutend (z. B. alterstypische Klappenveränderungen). Eine linksventrikuläre Auswurffraktion unter 45% hatten nur 6% der Probanden.

Insgesamt beurteilten die Alten ihren Gesundheitsstatus auf einer Skala von 1 (sehr schlecht) bis 10 (sehr gut) positiv, nämlich im Mittel mit 8,3 bei fehlenden bzw. 6,8 bei nachweisbaren EKG-Befunden. Eine Auswurffraktion unter 50% und Klappenveränderungen machten dabei keinen Unterschied. Viele hatten einen gesunden Lebensstil geführt, waren auch nach dem 65. Lebensjahr körperlich aktiv gewesen und hatten auf Zigaretten und Alkohol verzichtet. Insgesamt gewinnt man den Eindruck, dass Senioren über 100 Jahren sehr viel stärker durch Abhängigkeit, Mangelernährung und Hirnleistungsstörungen beeinträchtigt sind als durch kardiale Beschwerden.