Avoid common mistakes on your manuscript.
Patienten mit akuter Sinusitis brauchen im Normalfall keine Antibiotika. Das gilt auch für Kinder — nur dass viele Eltern stets „das Beste“ für sie erwarten. Wie auch hier antibiotikafreie Behandlungsstrategien kommuniziert werden können, erläutert der Hausarzt Dr. Stefan Pecher, Fichtelberg.
? Akute Sinusitiden haben zurzeit Hochkonjunktur. Wie gehen Sie bei jungen Teenagern vor, die mit einem Elternteil zu Ihnen kommen?
Dr. Stefan Pecher: Neben den typischen Sinusitis-Symptomen wie Druckschmerz und Klopfschmerz im Bereich der Nebenhöhlen, Schnupfen und Ohrbeschwerden sollten auch allgemeine Symptome erhoben werden. Dazu gehört natürlich Fieber, aber auch eine Konjunktivitis, die gerade bei Kindern ein häufiges Begleitphänomen ist. Die Auskultation der Lunge und der Bronchien ist ebenfalls Pflicht. Was bei der Sinusitis wenig hergibt, sind Laborwerte. Deswegen verzichten wir darauf in der Regel.
? Wie behandeln Sie das Kind?
Pecher: Bei einer Sinusitis sind Antibiotika fast immer unnötig, das gilt auch für Kinder. Superinfektionen sind extrem selten. Das betrifft vielleicht zwei von hundert Patienten. Deswegen ist die Erstbehandlung auf jeden Fall nicht-antibiotisch. Wir empfehlen in der Regel eine Kombinationsbehandlung aus nicht-medikamentösen und medikamentösen Maßnahmen. Wärmeauflagerungen bzw. Wärmelampen helfen vielen Patienten und verbessern den Abfluss des Sekrets. Das machen auch Kinder mit, während Inhalationen zumindest bei jüngeren Kindern erfahrungsgemäß eher schwierig sind.
? Welche Medikamente setzen Sie ein?
Pecher: Nasenspray, Entzündungshemmer und Phytotherapeutika. Abschwellende Nasentropfen und Ibuprofen sind gerade anfangs hilfreich, weil sie schnell Linderung bringen. Zur Nacht empfehlen wir allerdings eher pflegende Sprays, wir wollen ja keine Nasenspray-Junkies heranziehen. Parallel dazu beginnen wir mit der Phytotherapie, bevorzugt mit einer Fünf-Pflanzen-Kombination auf Extraktbasis aus Ampferkraut, Eisenkraut, Enzianwurzel, Holunder und Schlüsselblume. Dafür gibt es Evidenz aus randomisierten Studien.
? Wie gehen Sie damit um, wenn die Eltern eine antibiotikafreie Therapie hinterfragen oder ihren Sorgen sehr stark Ausdruck verleihen?
Pecher: Die meisten Eltern wollen nicht primär Antibiotika, sondern sie wollen, dass ihr Kind nicht so leiden muss. Das erreichen wir mit einer symptomatischen Therapie. Ich erkläre auch, dass Bakterien bei der Sinusitis die große Ausnahme sind und die Antibiotika daher nicht nur nichts bringen, sondern unter Umständen eher schaden. Mit den Resistenzquoten in Ländern, in denen Antibiotika frei verkäuflich sind, lässt sich auch gut argumentieren. Das leuchtet den meisten ein. Im Zweifel kann dann immer noch ein Bedarfsrezept ausgestellt werden, speziell vor dem Wochenende. Das ist eher für die Eltern und wird in der Regel nicht eingelöst.
? Wer sollte auf jeden Fall ein Antibiotikum bekommen?
Pecher: Bei der Erstvorstellung niemand. Wenn die Patienten wiederkommen und es ihnen schlechter geht, wenn sie hohes Fieber haben und vielleicht zusätzlich noch Hinweise auf eine Tonsillitis oder Bronchitis, würde ich vorsichtshalber ein Antibiotikum verschreiben. Das sind aber die Ausnahmen.
? Bestellen Sie die Kinder wieder ein? Oder bleiben Sie anderweitig in Kontakt?
Pecher: Wir bestellen in der Regel nicht wieder ein. Einen Teil der Patienten kontaktiert die Arzthelferin am nächsten Tag, um sich zu erkundigen, ob die Therapie anschlägt. Alle Patienten und auch die Jugendlichen können uns außerdem auf dem Praxis-Handy per WhatsApp erreichen. Da geben wir dann auch mal Tipps zur Dosierung der symptomatischen Medikation. Das machen wir aber natürlich nur bei Patienten, die schon bei uns waren. Was wir definitiv nicht machen, sind irgendwelche Posts auf offenen Seiten wie Facebook.
Interview: Philipp Grätzel
Author information
Consortia
Rights and permissions
About this article
Cite this article
Springer Medizin. „Eltern wollen, dass ihr Kind nicht leidet“. MMW - Fortschritte der Medizin 158, 34 (2016). https://doi.org/10.1007/s15006-016-7983-9
Published:
Issue Date:
DOI: https://doi.org/10.1007/s15006-016-7983-9