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Viele ältere Dialysepatienten leiden auch unter Vorhofflimern.

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_ Fast jeder dritte Dialysepatient weist ein Vorhofflimmern auf. Eine große dänische Registerstudie ergab, dass Patienten mit Vorhofflimmern und Niereninsuffizienz ein doppelt so hohes Schlaganfallrisiko haben wie Patienten mit Vorhofflimmern ohne Niereninsuffizienz. Durch eine orale Antikoagulation kann dieses Risiko um zwei Drittel gesenkt werden. Allerdings ist auch das Blutungsrisiko dieser Patienten erhöht.

Der Netto-Effekt im dänischen Register: Patienten unter Antikoagulation erlitten seltener Ereignisse als Patienten ohne Antikoagulation. Die Sterblichkeit war in der Gruppe mit Antikoagulation signifikant um 15% geringer. „Wer Antikoagulanzien bei diesen Patienten generell ablehnt, macht einen Fehler“, folgerte Prof. Lars C. Rump, Direktor der neurologischen Universitätsklinik Düsseldorf. Man müsse allerdings die INR engmaschig kontrollieren, um das Blutungsrisiko zu minimieren. Rump empfahl wöchentliche Messungen und einen Zielbereich von 2,5–3.

ESC-Leitlinie hilft hier nicht weiter

Der CHA2DS2-VASc-Score ist umso höher, je nierenkränker die Patienten sind, erklärte Prof. Jan-Christoph Galle, Direktor der nephrologischen Klinik am Klinikum Lüdenscheid. Die zwei oder mehr Punkte im CHA2DS2-VASc-Score, die die ESC-Leitlinie für die Indikation zur Antikoagulation fordert, erfüllen niereninsuffiziente Patienten fast immer.

Sollen deshalb wirklich alle Patienten mit Vorhofflimmern Marcumar erhalten, obwohl sie auch Hochrisikopatienten für Blutungen sind? „Dieses Dilemma löst die ESC-Leitlinie leider nicht auf“, so Galle. Denn für Niereninsuffiziente gibt es keine einzige prospektive randomisierte kontrollierte Studie zur Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern.

In Deutschland erhält etwa die Hälfte der Dialysepatienten orale Antikoagulanzien. Das kann nur Marcumar sein, weil die neuen oralen Substanzen bei diesen Patienten kontraindiziert sind. Wie Galle betonte, gibt es auch Registerdaten, die zeigen, dass Vitamin-K-Antagonisten die Schlaganfallrate sowie die Blutungsrate erhöhen und das Überleben verschlechtern.

Vitamin-K-Antagonisten und Gefäße

Ein Grund für ungünstige Effekte von Vitamin-K-Antagonisten bei Nierenpatienten könnte die ausgeprägte Gefäßverkalkung sein, die durch diese Substanzen weiter verstärkt wird. Denn Vitamin K, das gebraucht wird, um die Gefäßverkalkung zu verhindern, wird antagonisiert. Man findet bei Nierenpatienten unter Marcumar einen höheren Verkalkungsgrad an Herzklappen und Koronarien. Aufgrund dieses Problems sollte man mit Vitamin-K-Antagonisten vorsichtig sein, wenn keine zwingende Indikation wie z. B. Klappenersatz vorliegt.