figure 1

Prof. Dr. med. M. Storr Zentrum für Endoskopie, Starnberg

Spätestens seit dem Bestseller „Darm mit Charme“ ist das Mikrobiom in aller Munde. Viele Patienten haben eine dezidierte Vorstellung davon, wie ihr Mikrobiom ihre Gesundheit beeinflussen könnte. Basis dafür sind zumeist aber keine wissenschaftlichen Studien, sondern Einzelmeinungen, „Dr. Google“ oder Interpretationen von ausgesprochen interessanten, aber bisher noch nicht auf den Menschen übertragbaren tierexperimentellen Daten. Während wir zahlreiche krankheitsauslösende Darmpathogene kennen, tun wir uns schwer mit der Beschreibung der Normalflora bzw. einer „Idealflora“, sofern es eine solche überhaupt gibt. Es reift vielmehr die Erkenntnis, dass Faktoren wie mikrobielle Diversität, Artenreichtum des Mikrobioms, mikrobielle Elastizität und mikrobielle Unverwüstlichkeit sehr bedeutende Charakteristika der Darmflora sind.

figure 2

Im Darm tobt das pralle Leben.

© fotoliaxrender / Fotolia

Normalität drückt sich vermutlich in solchen Charakteristika aus – und nicht in der Benennung einzelner Bakterienarten. Stämme wie Firmicuten und Bacteroidetes scheinen bedeutende Leit-Phyla zu sein, aber auch hier besteht noch reichlich Forschungsbedarf. Zudem wurden in den letzten Jahre immer mehr Faktoren bekannt, die die Normalflora beeinflussen: genetische Ausstattung, Lebensalter, Ernährung, Umwelt, Antibiotikagebrauch, Immunsystem etc. Die Liste wird in den nächsten Jahren vermutlich länger werden.

Neueste Untersuchungen weisen nun sehr deutlich auf eine bidirektionale Kommunikation und Beeinflussung von Mikrobiom und Wirt hin. Das Mikrobiom beeinflusst z. B. das Immunsystem und den Stoffwechsel des Wirtes ganz wesentlich. Die Komplexität dieser Zusammenhänge lässt die Herzen der Wissenschaftler höher schlagen. Ob die Erkenntnisse aber unser Verständnis von Gesundheit oder Darmgesundheit verändern oder sogar zielgerichtete therapeutische Ansätze ermöglichen werden, ist im Moment noch nicht abzusehen. Bis dahin lohnt es sich auf jeden Fall, die spannenden Entwicklungen zu verfolgen.