_ „Ich muss so schnell wie möglich meine Krampfadern operieren lassen“, eröffnete mir neulich eine junge Dame mit schreckgeweiteten Augen, „aber ich möchte das nicht! Ich habe solche Angst!“ Tatsächlich zogen einige Varizen über ihre Unterschenkel, aber dank Stützstrümpfen war weder eine Entzündung noch ein Ödem zu sehen. „Sie müssen das doch nicht“, tröstete ich sie. „Wenn Sie mit den Strümpfen klarkommen, geht es ohne OP.“

Sie schien an meinem Verstand zu zweifeln: „Ich war doch im Krankenhaus, und der Arzt hat mir gesagt, dass ich ohne Operation in spätestens einem Jahr eine Lungenembolie erleiden und sterben würde“, flüsterte sie. Mir stockte der Atem. Die Arme hatte sich mit der Frage nach den Krampfadern ungeschickterweise an den Notdienst gewandt, der sie gleich zu den Chirurgen weiterleitete. Hier war sie auf einen jungen Kollegen gestoßen, dem das Skalpell wohl locker in der Tasche saß.

Auch ich war als junge Assistentin froh über jede angesetzte OP, weil sie meine Chancen steigen ließ, selbst am Tisch zu stehen. Aber das ging nun doch deutlich zu weit! Gut, dass ich schon gesetzteren Alters bin und es ein junger Kollege war. Wir wissen, dass Krankenhausärzte ihre ganz eigene Autorität haben, aber ich konnte erfolgreich dagegenhalten. Erleichtert verließ mich die junge Dame eine Weile später, und ich überlegte, den Kollegen anzurufen. Aber im gesetzten Alter legt sich Aufregung schnell, und man macht das dann doch nicht. Eigentlich falsch!

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Junge Chirurgen sind froh über jede OP.

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