Bei chronisch-rezidivierenden Harnwegsinfekten bietet die Naturheilkunde eine Fülle von Möglichkeiten, die von Brennnesselblättern bis zu Cranberries reichen. Unser Autor erklärt, welche Phytotherapeutika und sonstige Maßnahmen Sie empfehlen können.
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? Welche Möglichkeiten bietet die Phytotherapie bei chronisch-rezidivierenden Harnwegsinfekten?
Die Flavonoiddrogen Birkenblätter, Brennnesselblätter, Hauhechelwurzel, Orthosiphonblätter, Goldrute und Schachtelhalmkraut wirken anregend auf die Ausscheidungsfunktion der Niere. Sie können unbedenklich über längere Zeit und auch während Schwangerschaft und Stillzeit eingenommen werden. Die aquaretische Wirkung von Petersilie und Wacholderbeeren kommt entweder über eine nierenparenchymreizende Wirkung zustande, weshalb bei diesen Substanzen bezüglich Dauertherapie und Überdosierung sowie bei der Verwendung in der Schwangerschaft Vorsicht geboten ist.
Der nierenreizende Stoff Apiol kommt vor allem in den negativ monografierten und als obsolet anzusehenden Petersilienfrüchten vor, die früher als unspezifisches Abtreibungsmittel eingesetzt wurden — wobei es immer wieder zu schwersten irreversiblen Nierenschäden gekommen sein soll.
Die genannten Aquaretika lassen sich in beliebiger Kombination als Tee verwenden. Brennnessel, Goldrute und Birkenblätter sind relativ geschmacksneutral, während die anderen eher bitter schmecken. Ggf. ist der Zusatz von Pfefferminze oder Kamille sinnvoll. Nieren-Blasen-Tees als tassenfertige Sprühextrakte sind mit Vorsicht zu betrachten, da das Qualitätsspektrum der angebotenen Präparate sehr breit ist und „parfümierte“ Trägersubstanzen einschließt. Zieht man nicht die „natürlicheren“ Drogentees vor, z. B. fertige Teebeutel wie Kneipp® Nieren- und Blasentee, ist z. B. Heumann® Blasen- und Nierentee ein pharmazeutisch zufriedenstellender Extrakt-Tee.
Bärentraubenblätter (Arctostaphylos uva-ursi) waren früher als pflanzliches „Antibiotikum“ in entsprechenden Rezepturen häufig vertreten. Der Wirkstoff Arbutin setzt nach Metabolisierung das im alkalischen Milieu bakteriostatisch wirkende Hydrochinon frei, wirkt aber bei längerer Einnahme urothelreizend.
Als Desinfiziens ohne Parenchymwirkung gelten Teemischungen und Fertigpräparate mit Bärentraubenblättern, Orthosiphonblättern, Goldrutenkraut, sowie eine Mischung aus Kapuzinerkresse und Meerrettichwurzel (Angocin®).
Das pflanzliche Arzneimittel Canephron® N (Tausendgüldenkraut, Liebstöckelwurzel und Rosmarinblätter) kann bei Neigung zu Harnwegsinfekten zur Durchspülung empfohlen werden. Zur Prophylaxe wird auch Utipro® plus (Xyloglucan-Gelatine, Hibiskus, Propolis) angeboten.
Cranberrysaft hindert nachweislich einige Bakterienarten daran, sich an die Zellwände der Harnwege zu heften. Cranberry-Produkte, so das Ergebnis einer aktuellen Metaanalyse aus Taiwan, scheinen insbesondere einen Nutzen für Frauen mit wiederkehrenden Blasenentzündungen zu haben. Sie werden in den Leitlinien des Europäischen Urologen-Verbands zur Prophylaxe empfohlen.
? Welche hydro-/thermotherapeutischen Methoden können additiv empfohlen werden?
Eukalyptusölwickel auf dem Unterbauch sind eine unterstützende Therapiemöglichkeit, vor allem bei chronischen Blasenentzündungen. Sie wirken krampflösend, desinfizierend und steigern die Harnausscheidung. Sie sollten vorzugsweise vormittags angewendet werden. Nicht anzuwenden sind sie bei bestehender Allergie oder Abneigung gegen das Eukalyptusöl. Dazu wird nach Standard ein Esslöffel der ätherischen Ölmischung „Eukalyptusöl“ (Fa. Weleda) in ein Baumwolltuch gegeben, dann in einen Waschlappen eingelegt und durchgeknetet. Der Wickel wird dann in eine Plastiktüte gesteckt und erwärmt. Er sollte mindestens 30 Minuten auf der Blasenregion liegen, jedoch nur solange, wie er als angenehm empfunden wird. Eine Nachruhe von 10 Minuten ist möglichst einzuhalten.
Literatur
Sökeland A: Urologische Erkrankungen. In: Beer AM, Adler M (Hrsg): Leitfaden Naturheilverfahren für die ärztliche Praxis. München: Elsevier, Urban & Fischer; 2011
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Beer, AM. Heilpflanzen und warme Wickel gegen rezidivierende Zystitis. MMW - Fortschritte der Medizin 158, 24 (2016). https://doi.org/10.1007/s15006-016-7793-0
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