_ 60% der in der Praxis präsentierten chronischen Unterschenkelgeschwüre entpuppen sich als Ulcus cruris venosum, je 10% als Ulcus cruris arteriosum oder als Ulcus cruris mixtum, informierte Prof. Joachim Dissemond, Essen. Der Rest verteilt sich auf seltenere Geschwüre, die in Summe aber epidemiologisch nicht unbedeutend sind.

Tritt ein Ulcus cruris plötzlich auf bislang unauffälliger, unverfärbter und nicht atrophierter Haut oder an untypischen Stellen auf, sollte man an ungewöhnliche Ursachen denken — etwa an eine leukozytoklastische Vaskulitis, die sich binnen weniger Tage zum schmerzhaften Geschwür entwickeln kann. Die Diagnose wird bioptisch-histologisch gesichert, Therapie der Wahl sind systemische und lokale Kortikoide.

Manifestiert sich ein schmerzhaftes Geschwür primär an Schienbein oder Fußrücken, könnte es sich um eine Necrobiosis lipoidica handeln. Klarheit verschafft die Histologie. Eine Biopsie der Läsion sollte allerdings erst erfolgen, wenn sie bereits geschwürig ist. Gegen die als autoimmun bedingt eingeschätzte Erkrankung, die in etwa 50% mit einem Diabetes mellitus assoziiert ist, können im Off-label-Einsatz Fumarsäureester und bei schweren Verläufen TNF-alfa-Inhibitoren verordnet werden.

Beginnt ein Ulcus cruris mit kleinen, sternförmigen, heftig schmerzenden Ulzera, kann es sich um eine Livedovaskulopathie handeln. Diese Erkrankung gilt heute als rheologisches Leiden, das innerhalb weniger Tage sehr gut auf niedermolekulares Heparin anspricht.

Mit Kompression gegen Ödeme

Dissemond betonte, dass jedes von einem Ödem begleitete Ulcus cruris einer Kompressionstherapie bedarf, damit die Therapeutika ins Zentrum des Geschehens gelangen. Auch beim ödematösen Ulcus cruris mixtum überwiege ab einem Knöchel-Arm-Index von mehr als 0,5 bei einer vorsichtig individuell angepassten Kompressionstherapie der Nutzen klar das Risiko.

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Beim Ulcus cruris ist eine differenzierte Diagnose wichtig.

© Klaus Rose