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Prof. Dr. med. H. S. Füeßl Privatpraxis für Integrative Innere Medizin, München

_ Seitdem das erste Kaffeehaus in Konstantinopel 1555 etabliert und die Türken 1683 Wien belagerten, eroberte das schwarze Getränk auch Europa im Sturm. Ohne die stimulierende Wirkung dieses (Über-)Lebenselixiers ist die Arbeitswelt heute kaum noch vorstellbar. Der Konsum könnte somit ein Indikator für die Stressbelastung einzelner Fachgruppen im Krankenhaus sein.

Über das elektronische Bezahlsystem wurde im Lauf des Jahres 2014 der tägliche Kaffeekonsum der 766 Ärzte eines großen akademischen Lehrkrankenhauses in der Schweiz erfasst. Die Daten umfassten Berufsgruppe und Spezialisierung, Abteilungszugehörigkeit, hierarchische Position, Alter und Geschlecht. Ausgewertet wurden nur die anonymisierten Daten für die Ärzte. Darunter waren 201 Internisten, 76 Allgemeinchirurgen, 67 Anästhesisten, 54 Radiologen, 48 Orthopäden, 43 Gynäkologen, 36 Neurologen, 23 Neurochirurgen und 96 Ärzte anderer Spezialisierung. 84% der Ärzte (n = 644) kauften Kaffee in einer der Kantinen des Krankenhauses. Im gesamten Jahr 2014 wurden 70.772 Tassen konsumiert.

In einer univariaten Varianzanalyse ergab sich eine signifikante Assoziation zwischen Spezialisierung und dem jährlichen Kaffeekonsum. An der Spitze standen die orthopädischen Chirurgen mit einem Konsum von 189 Tassen pro Person, gefolgt von Radiologen mit 177 und Allgemeinchirurgen mit 167 Tassen. Erstaunlicherweise belegten die Anästhesisten mit 39 Tassen die letzte Position — zumindest in der Kantine. Männer tranken im Schnitt 128 Tassen, deutlich mehr als Frauen mit 86. Noch ausgeprägter war dieser Unterschied bei den Espressos (27 vs. 10). Analysierte man die hierarchische Position, so lagen die Chef- und Fachärzte mit 140 Tassen deutlich vor den jungen Assistenten mit nur 95 Tassen.

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Geliebter, flüssiger, schwarzer Stimulus.

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KOMMENTAR

Ob die Ärzte aus der oberen Hierarchie mehr Stimulation brauchen als die Jungen oder einfach mehr Zeit für Kaffeepausen haben, bleibt bei der Untersuchung offen. Immerhin lagen sie beim Spendieren von Kaffeerunden meilenweit vor den Jungärzten. Das wäre aber auch noch schöner gewesen.